"Wenn Du ein Land kennenlernen willst, gehe nicht zu den Ausgrabungsstätten, sondern in die  Tavernen." Das habe er so oder so ähnlich einmal gelesen. Michael Höller hat den Spruch nur  etwas abgewandelt und ihn zu seinem Lebensmotto gemacht: "Statt Tavernen sind es bei mir eben Stadien."[Allgemeine Zeitung / Rhein Main Presse, 1.8.2015]

 

zum Fußball 2018 (4)

 


zum Fußball 2018 (3)

 

 

1. Tag

Saisonstart in der vielleicht heißtesten Phase des Sommers. Ich hatte mir viel vorgenommen für die nächsten vier Tage und so stand ein strammes Programm bevor. Meine Art zu relaxen.



In die Anreise nach Leipzig hatte ich zwei je vierstündige Stopps in Nürnberg und Erfurt eingebaut. Bei den Rostbratwürstchen im Frankenlande war ich schon ewig nicht mehr gewesen. So lief ich zunächst mal wieder auf dem Zeppelinfeld ein. Schon eine bizarre Gegend, die ich als inzwischen 48jähriger mit ganz anderen Augen wahrnahm, als noch damals, als 19jähriger Jungspund. Leider war alles ziemlich zugemüllt. Von der Zeppelintribüne aus konnte ich erkennen, daß der Platz auf dem Zeppelinfeld inzwischen gar nicht mehr für Fußball genutzt wurde. Vielmehr steckten jetzt diese komischen American Football-Stangen im Rasen. Schade, hätte gerne noch mal ein Spiel von dieser alten Tribüne aus verfolgt.

Erdwall des Zeppelinfeldes
Tribüne des ehemaligen Fußballplatzes


Das Max-Morlock-Stadion interessierte mich heute gar nicht. Stattdessen lief ich daran vorbei zur Großen Straße, an der sich der Grundstein für das Deutsche Stadion befindet. Hier wollten die Nazis ein Stadion für 400 000 Menschen errichten. Dann hätte man nicht mehr das Problem gehabt, was mit alten Olympiasportstätten zu tun ist – denn Olympia hätte immer nur hier stattgefunden. Aber Spaß bei Seite: Man kam nur dazu, einen Teil der Baugrube auszuheben, den heutigen Silbersee. Das Baden im See hat schon 50 Todesopfer gekostet. Das kann man diesmal nicht den Nazis in die Schuhe schieben. Ursache der Vergiftung ist vielmehr die mangelhaft angelegte Sondermülldeponie Silberbuck ganz in der Nähe.



Silbersee, garantiert ohne Schatz



Per pedes ging es weiter in den Stadtteil Zerzabelshof, wo einst die sportliche Heimat des 1. FC Nürnbergs stand. Der „Zabo“ wurde schon 1969 abgerissen. Seit 2015 erinnert ein Gedenkstein an den Ground. Der Stein muß wohl zugeparkt gewesen sein, denn ich hab ihn tatsächlich übersehen. Bullshit! Leider reichte die Zeit nun nicht mehr für einen Abstecher in die Magazinstraße in Fürth.

Legende als Straßenname


Hier stand einst der "Zabo"!


Dafür saß ich pünktlich im ICE nach Erfurt. Kurz nach Abfahrt die Durchsage, der Bahnhof Erfurt sei polizeilich gesperrt und könne nicht angefahren werden. Stattdessen werde man die Reise über Sonneberg und Jena nach Leipzig fortsetzen . Über Schienenersatzverkehr nach Nürnberg konnte zu diesem Zeitpunkt noch nichts Verlässliches gesagt werden. Da hatte wohl in Erfurt ein Verrückter seine Freundin als Geisel genommen und einen Passanten verletzt und war (ist noch ?) auf der Flucht. Auf den geplanten Zwischenstopp in Erfurt verzichten zu müssen, bedeutete für mich, den sehnlichst herbeigewünschten Besuch des LOST GROUNDs Manfred-von-Brauchitsch-Kampfbahn in Rudisleben canceln zu müssen. Vielleicht werde ich Dich, Du göttlich schöne Holztribüne, nie mehr sehen können *Schnief*??!

27.7.18 * RB Leipzig - BK Häcken   4:0 * 18:30 Uhr * Qualifikation Europa League * Zentralstadion, Leipzig * Zuschauer: 18 126 * Eintritt: 20 EUR * Anreise: per Bahn über Nürnberg zu 51,40 EUR * 3x ÜmF im Hotel Astoria, Leipzig zu je 35 EUR

So ergab es sich, daß ich statt um 20:20 Uhr schon knapp zweieinhalb Stunden früher am Leipziger Hauptbahnhof einrollte. Und da stand ich so an der Tram-Haltestelle und blickte auf die Laufschrift der Anzeigetafel… und las da was von RB und BK Häcken und Europa League und 18:30. Oh! Na ja, geil ist anders. Aber warum nicht?! Rucksack ins Schließfach, ab zum Zentralstadion und pünktlich um Anpfiff war ich drin.



Wie schon erwähnt, es war sehr heiß in diesen Tagen. Das brachte die Redbuller dazu, Mineralwasser 0,4 l zum Sonderpreis von 1 EUR anzubieten. Machte durchaus Sinn! Die Stimmung war für ein eher spärlich besetztes Stadion (viele Rasenbälle waren wohl in den Sommerferien) ganz gut. Fans aus Göteborg waren keine zu hören, doch es gab sie nachweislich. Später in der Tram tummelten sich welche herum. Tore fielen reichlich. Ganz nett, jedoch hätte ich es gerne mit RB wie mit Mallorca gehalten: Den ersten Besuch möglichst lange hinauszögern. RB ist gefallen, Mallorca muß (noch lange) warten!

Sitzbänke des alten Zentralstadions


Asphalt statt Lindenauer Zement: Heimat des VfB Leipzig


Nachher konnte ich auf dem Weg zum Hotel in Leipzig-Lindenau noch einen LOST GROUND einsammeln, nämlich den Sportplatz Leipzig (auch als Radrennbahn, Lindenauer Zement oder einfach nur VfB-Platz bekannt). Der lag am Cottaweg ungefähr dort, wo sich der Platz für die Kleinmesse befindet. Immerhin spielte hier während seiner ruhmreichen Zeit von 1897 bis 1922 der VfB Leipzig. Erwartet unspektakulär, aber abgehakt!


2. Tag

Am nächsten Morgen fuhr ich mit der Tram in den Leipziger Norden, nach Gohlis / Eutritzsch. Hier gibt es für meinen Geschmack eine ungewöhnlich große Anzahl an bedeutsamen Sportstätten oder Vereinen in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern. Einige davon wollte ich nun abklappern.

Ich begann beim LOST GROUND Wackerplatz am Debrahof, da dieser nur ein paar Schritte von der Endhaltestelle der Tram 12 Gohls-Nord entfernt liegt. Wo sich der Ground einst befand, ist heute eine Hundewiese, auf der Fußballspielen verboten ist. Hat etwas entwürdigendes, wie ich finde. [Anmerkung: mehr Infos und Fotos zu allen hier beschriebenen LOST GROUNDs gibt es in der gleichnamigen Rubrik auf dieser website.]

Tintenfass



Nur einen Katzensprung entfernt, an der Delitzscher Straße Ecke Nathusiusstraße liegt gegenüber eines Baumarktes eine unscheinbare brachliegende Fläche. Dort hatte der SK Bar Kochba seinen Sportplatz. 1922 errichtet, mußte der jüdische Verein später eine sogenannte „Judenmauer“ errichten, damit die „Arier“ nicht vom sportlichen Treiben dahinter belästigt wurden. 1939 ist der Club von den Nazis verboten worden. Bis 1990 wurde das Gelände zum Fußballspielen genutzt, danach verwilderte es. Lange waren zumindest noch Teile der erwähnten Judenmauer sowie ein Gedenkstein mit Davidstern und ein Torgestänge erhalten geblieben, bevor das jedoch im März 2016 von Baggern alles abgeräumt wurde.

Als ich über den Platz spazierte, fiel mir eine merkwürde Vase auf, die ich einsteckte. Später identifizierte ich das Teil zweifelsfrei als ein Tintenfass. Schwer vorstellbar, daß dieses Stück wahrscheinlich die letzten 80 Jahre irgendwo hier unter den Trümmern herumgelegen hat. Werde jetzt zu Hause ein Fußball-Archäologie-Museum eröffnen.

Nächste Station: LOST GROUND Vorwärts-Stadion, auch als Stadion der NVA bekannt. Dabei dürfte der Ground tatsächlich nicht sehr bekannt gewesen sein, denn a) die NVA und deren Clubs (z.B. Vorwärts Leipzig) waren in der Bevölkerung nicht sehr beliebt, b) das Stadion wurde schon zu DDR-Zeiten geschlossen und das Gelände verriegelt. Im www. findet man so auch kaum Fotos zu der Anlage.

Stadionwall an der Landsberger Straße


Umso deutlicher ist entlang der Landsberger Straße noch der östliche Stadionwall zu erkennen. Dieser wurde in der Mitte nur von der Maria-Grollmuß-Straße durchstoßen. Die andere Hälfte des Walls ist den dortigen Neubauten gewichen. Es sollen wohl noch ein paar Steinstufen existieren, aber der Sommer ist nicht die geeignete Zeit, um einen Dschungel aus Brombeersträuchern, Brennnesseln und sonstigem Gestrüpp zu durchforsten. An einer Stelle sah ich ein ziemlich betagt aussehendes Stück von einem Geländer herumliegen. Leider zu groß, um es mitzunehmen und als zweites Exponat in mein Fußball-Archäologie-Museum mit aufzunehmen. Denn nach einem Fotovergleich nehme ich stark an, daß dieses Geländer früher unterhalb der Sitzplatzreihen entlang der Laufbahn gestanden hatte.

Im Stadion des Friedens.


Aber nicht nur die toten, auch die lebenden Stadien sind in Gohlis interessant. Mit dem des Friedens gibt es eine wahre Perle, die von MoGoNo bespielt wird. Eigentlich ein No-Go für einen Vereinsnamen, hihi! Hinter dieser Abkürzung steckt die Sportgemeinschaft Motor Gohlis-Nord. Deren Facility Manager tuckerte gerade mit seinem Traktor über das verdorrende Grün und erlaubte mir, mich in dem Ground umzusehen und Fotos zu machen. Wie gesagt, eine Perle von einem Stadion!

Anschließend ein Sprung nach Leipzig-Engelsdorf. Dort wollte ich den Fortuna-Sportpark nicht verpassen. Auch ein sehr schöner Ground, allein schon die altertümlichen Kassenhäuschen waren die Anreise wert.

Das Kassenhäuschen.... soooooo geil!


Um die Mittagszeit machte ich mich auf den Weg, die Plätze aufzusuchen, auf die ich am meisten gespannt war. Dazu verließ ich Leipzig und railte via Chemnitz nach Erlau(Sachs) bei Mittweida.

Ein Kaff, das wohl nur Insider mit Fußball in Verbindung bringen. Kein Wunder, denn die Gemeinde Erlau besteht aus neun verstreut liegenden Dörfern, die es insgesamt auf nicht einmal 3 500 Einwohner bringen. Dabei existiert tatsächlich eine Verbindung zwischen einem Hinterhofparkplatz in diesem Erlau (Sachs) und dem ruhmreichen FC Barcelona...

Hier stand früher Kühnrichs Gasthof.


Dazu ein kleiner Exkurs: Im benachbarten Mittweida gibt es seit 1867 eine Hochschule, das Technikum Mittweida. Obwohl in der sächsischen Provinz liegend, versammelten sich hier schon immer Studenten aus ganz Europa. Einige von ihnen, darunter ein gewisser Udo Steinberg, gründeten 1895 den „Mittweidaer Ballspiel-Club am Technicum“ (kurz MBC), um ihrer Leidenschaft, dem Fußballspiel zu frönen.

Bei diesem Udo Steinberg handelt es sich um einen Menschen mit einer gar unglaublichen Vita: Er war nicht nur Mitbegründer des MBC, sondern auch des Chemnitzer FC und des Deutschen Fußball-Bundes. Steinberg zog es nach dem Studium nach Spanien, wo er in Barcelona neun Jahre lang für den FC Barcelona kickte. Im allerersten „Copa del Rey“-Duell zwischen Barça und Real Madrid (3:1) erzielte kein anderer als Udo Steinberg die ersten beiden Tore für Barça. Doch damit nicht genug. Steinberg, Inhaber einer Firma und mehrerer Patente, gilt als erster Trainer des FC Barcelonas. Später war er Redakteur bei der Zeitschrift „El Mundo Deportivo“. Vor ziemlich genau 100 Jahren starb er im Alter von nur 42 Jahren. Sein Grab befindet sich auf dem Cementerio Civil del Este in Madrid. Hoffe, man räumt es nach der abgelaufenen Frist von 99 Jahren nicht bald ab?! Denn dieser Mann, obwohl kaum bekannt, hat offensichtlich große Pionierarbeit (nicht nur) für den deutschen Fußball geleistet.


Mannschaftsfoto FC Barcelona zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Zurück zu dem Hinterhofparkplatz in Erlau(Sachs): Hier befand sich erste Fußballplatz des MBC, der diesen von 1895 bis 1901 nutzte. Da es sich um Privatgelände handelt, konnte ich leider nicht drauf. So mußte ein Blick durch den Zaun genügen. Es kickten auch andere Vereine, u.a. der 1887 gegründete Fußball Club "Germania" Mittweida auf diesem Platz.

Auf meine Anfrage beim Technikum Mittweida, wo sich denn nun genau der Platz in Erlau (Sachs) befindet, bekam ich umgehend ein dickes Buch mit dem Titel "Zum Leben und Wirken von Udo Steinberg - Biographische Dokumentation des Hochschularchives Mittweide" zugesandt. Ich war platt! Das Buch ist die Quelle für meine Ausführungen in den vorangegangenen drei Absätzen und im folgenden Absatz.



Als der Platz den Anforderungen nicht mehr genügte, mußte eine neue Spielstätte her. Und jetzt wird es nochmal richtig spannend: Der MBC um Udo Steinberg baute in Altmittweida ein Stadion mit einer Holztribüne für 1 000 Leute und einer schwarz-weiß gestrichenen Spielfeldumrandung. Dieses Stadion ist das erste Stadion in Deutschland überhaupt, daß zum Zwecke gebaut wurde, darin Fußball zu spielen. Vorher spielte man lediglich auf Plätzen ohne irgendwelchen Ausbau oder in Radrennbahnen.





Man kann also sagen, in Altmittweida steht das älteste Fußballstadion des Landes. Denn, den Platz gibt es gibt es noch und er wird auch bespielt. Er steht nahe dem Bahnhof Altmittweida, hinter dem Gasthaus „An der Reichskrone“. Die Holztribüne von 1901 gibt es natürlich längst nicht mehr und die heutige Tribüne ist wahrlich kein Hingucker. Aber das tut der sporthistorischen Bedeutung dieses Platzes keinen Abbruch.


So konnte ich es mir nicht nehmen lassen, vor einigen Wochen eine Original-Postkarte mit Abbildungen dieses Stadions im Antiquariat zu erwerben, obwohl ich sonst nur auf alte Original-Fotos stehe. Aber in diesem besonderen Falle genehmigte ich mir eine Ausnahme.


28.7.18 * Spvgg Blau-Weiss Chemnitz 02 - ESV Lok Chemnitz   1:1   * 19:00 Uhr * Freundschaftsspiel * Clausstraße, Chemnitz * Zuschauer: ca. 10 * Eintritt: frei * An- und Abreise mit der Bahn zu 24 EUR (Sachsenticket) *

Karl der Große, oder so ähnlich.


Zurück in Chemnitz, genehmigte ich mir zuerst ein Besuch beim alten Karl an der Brückenstraße und steuerte dann zielgerichtet das Sportforum an. Und wieder war ich so ziemlich aus dem Häuschen, als ich die alten, verfallenen Kassenhäuschen und die abgesperrten Zugänge zu den Tribünen erblickte. Megageil! Und es war auch kein Problem, mal in das Stadion rein zu latschen. Ich war überrascht von dem doch recht verwilderten Zustand der Ränge bei gleichzeitig perfekt gepflegten Rasen und scheinbar neuwertiger Laufbahn. und gleichzeitig demRasen und Laufbahn waren. Zuletzt soll die zweite Mannschaft des Chemnitzer FC hier gekickt haben. Keine Ahnung, ob sie das auch noch in Zukunft tun wird.

Im Sportforum, Chemnitz.


Den Abschluß eines langen Tages bildete für mich der erholsame Besuch bei nur langsam zurückgehenden Temperaturen im Stadion an der Clausstraße, wo sich zwei Chemnitzer Vereine freundschaftlich auf unterklassigem Niveau duellierten. Zwar gabs, obwohl am Brett angeschlagen, keine Bockwurst, aber eine große Auswahl an alkoholfreien, coffeinhaltigen Heiss- und Erfrischungsgetränken, die ich dann so nach und nach in mich reinkippte. Nach Abpfiff Fußmarsch zum Bahnhof Süd und Rückfahrt nach Leipzig.




3. Tag

29.7.18 * Dynamo Dresden - Aston Villa FC   1:2 * 14:00 Uhr * Freundschaftsspiel * DDV-Arena, Dresden * Zuschauer: 9 768 * Eintritt: 9,90 EUR * An- und Abreise mit der Bahn zu 24 EUR (Sachsenticket) *

Erstmals nach langer, langer Zeit ging es für mich zum Fußball nach Dresden. Wenn auch kein neuer Ground zu machen war, so mußten doch die neuen (bzw. auch schon 9 Jahre alten) Tribünen inspiziert werden. Dabei half mir Susann, die in Dresden lebt und mit der ich schon im Sommer 1989 beim legendären letzten Saisonspiel Dynamo Dresden - 1. FC Union Berlin  5:0 (die SGD löste den BFC Dynamo nach 10 Titeln in Folge als DDR-Meister ab) im Stadion war. Die "Giraffen" (Flutlichtmasten im Rudolf-Harbig-Stadion) wurden schmerzlich vermißt, aber zumindest gibt es noch die Anzeigetafel von "damals".



Susann und ich hatten uns bestimmt  auch 25 Jahre nicht mehr zu gesehen und so gab es viel zu erzählen und in Erinnerungen zu schwelgen (Achtung, erste Anzeichen vom Altwerden, oh oh....!). Nun ja, das Spiel war nicht so dolle, als das man sich unbedingt darauf hätte konzentrieren müssen. Stimmung: OK, Zuschauerzuspruch: hätte mehr sein können, Gästefans: zu wenig. Spielgeschehen: Doppelschlag von Villa drehte Dynamos Führung.

Schwach besuchter Auswärtsblock.
Wenn schon die Giraffen weg sind, gibt´s wenigstens noch dat hier...


Nachher fuhr ich zurück nach Leipzig. Dort traf ich mich mit dem Ex-Mann meiner Ex-Frau. Ja, warum denn nicht? Klaus ist ein toller Mensch, der nun in Leipzig wohnt und der meine beiden großen Kinder ein gutes Stück in deren Leben in sehr positiver Weise begleitet hat. Im Restaurant "Pilot" konnte ich nicht nur so vieles lernen (z.B. warum Leipzig einen so überdimensionierten Bahnhof hat, warum die Straßen rechts und links vom Bahnhof Sachsenseite und Preußenseite heißen und wo und wann man den berühmten Thomaner-Chor für nur etwa 2 EUR singen hören kann usw.), sondern mich auch sehr gut unterhalten und nebenbei gut Essen. Crème brûlée, mjamm mjamm!


4. Tag



Am letzten Tag meiner Tour railte man von Leipzig nach Aue, nicht ohne aber einige zwingende Zwischenstopps einzulegen. Den ersten machte ich in der Skat-Stadt Altenburg, womit ich den Freistaat Sachsen für ein gutes Stündchen verlassen mußte. Von hier aus ging es mangels Alternative im Taxi eben nach Meuselwitz in die Helmut-Just-Straße. Hier steht das gleichnamige Stadion (12 000 Zuschauer) der inzwischen aufgelösten BSG Motor Meuselwitz. Aufgrund von Bodenabsenkungen als Folge des früheren Kohleabbaus mußte der Ground 1993 aufgegeben werden. Die Schächte wurden inzwischen verfüllt, das Stadion - gut eingezäunt - bleibt jedoch der Natur überlassen.

Biotop im Helmut-Just-Stadion, Meuelwitz



Bahnhof Altenburg: Nobel, nobel....



Am Bahnhof Crimmitschau: Sanierungsstau...


Nächste Station Crimmitschau. Um das Ziel zu erreichen, mußte zunächste eine 2,5 km-Wanderung in den Ortsteil Gablenz absolviert werden. Mit Gepäck, bei mittäglicher Hitze und einem Berg dazwischen eine reife Leistung von mir :-)! Der Ground des Kreisligisten SV Fortschritt Crimmitschau führt den bescheidenen Namen Sachsenstadion. Hinter einem schmiedeeisernen Tor hat man nur ein paar Stufen zu erklimmen und dann steht man am Rande eines idyllischen Platzes. Viel Grün, ein paar Holzbänke in den Hang eingelassen und eine geschmeidige Sprecherkabine ließen mich den Gewaltmarsch hierher vergessen! Doch das laute Kläffen vielleicht nicht wohlerzogener Hunde sorgte dafür, daß ich auf meine Stadionrunde verzichtete. Seit einem Erlebnis auf den Azoren gehe ich da kein Risiko mehr ein …

Sachsenstadion in Crimmitschau - Gablenz



30.7.18 * Erzgebirge Aue - FC Schalke 04   1:0  * 15:00 Uhr * Freundschaftsspiel * Erzgebirgsstadion, Aue * Zuschauer: 15 120 * Eintritt: 21,41 EUR * Anreise mit der Bahn zu 24 EUR (Sachsenticket) * Abreise mit der Bahn zu 22,40 EUR

Bahnhof Zwickau: In die Jahre gekommen, aber besonders!

 

In Zwickau (schicker, alter Bahnhof) hieß es Umsteigen und alsbald war Aue erreicht. Das Städtchen hat nicht mal einen vernünftigen Bahnhof, geschweige denn Schließfächer. Damit hatte ich gerechnet, drum war mein Gepäck in Zwickau geblieben. Ein paar blau-weiße Heim- und Gästefans hatten sich zwischenzeitlich unter die Passagiere gemischt. Die Ortsunkundigen, mich eingeschlossen, trotteten dem spärlichen Wismut-Anhang hinterher per pedes in Richtung Stadion. Dann machte ich eine bisher einmalige Erfahrung: Schien es bisher, als sei in Aue der Hund begraben (leere Straßen, kaum Leute unterwegs, alles ziemlich tot), so änderte sich das schlagartig, sobald die Flutlichter des Erzgebirgsstadions in Sichtweite kamen. Wahre Menschenmassen ergossen sich aus den Wäldern und strömten über alle Straßen und über jeden Trampelpfad in Richtung Stadion. Wo mögen die alle hergekommen sein? Verrückt!

 

 

Immerhin ging es heute darum, daß „neue“ Stadion einzuweihen. Inwiefern es sich hier gegenüber dem Vorgänger tatsächlich um einen neuen Ground handelt, mag ich nicht beurteilen. Als Gäste hatten die Kumpels aus Aue ihre Auch-Kumpels aus Gelsenkirchen engagiert. Zwar wird weder in Aue noch in Gelsenkirchen derzeit irgendwas brauchbares aus einem Schacht ans Tageslicht gefördert, aber das ganze Bergwerk-Malocher-Gehabe ist wohl gut für das Image eines Vereins und läßt sich zudem gut vermarkten. Es bringt Kohle! Glück auf!

 


Straße des Mehrwegs
Kumpels unter sich: Alles blau-weiß!


Tatsächlich füllte sich das Erz…ion bis auf den vorletzten Platz - trotz gesalzener Eintrittspreise, z.B. 21,41 € für einen lausigen Steher. Ambiente: Na ja; Service des Ordnungsdienstes: Mangelhaft (keine freigehaltenen Teppen und Blockzugänge); Service des Gesundheitsdienstes: sehr gut (kostenloses Wasser zur Halbzeit); Schlangen an Gastronomieständen: zu lange; Stimmung: gut; Spiel: auch gut; Ergebnis: sehr gut (0:1 für den Bundesligisten und Favoriten S04)!

 

Bei 35°C im Schatten erscheint dieser Schneepflug am Bahnhof von Aue aus einer anderen Welt zu stammen.

Mein Fahrplan für die Rückfahrt von Aue ins Rheinland ließ glücklicherweise einen einstündigen Zwischenstopp in Zwickau-Schedewitz zu. So konnte ich denn mal das Westsachsenstadion in Augenschein nehmen. Ziemlich schöner Ground! Schade nur, daß hier allerhöchstens noch Nachwuchsteam spielen, denn die erste Mannschaft des FSV Zwickau mußte ja 2010 schon hier ausziehen. Bemerkenswert die kleine Kunststoffrodelbahn direkt neben dem Stadion.

Westsachsenstadion, Zwickau


Definitiv letzter Stopp auf meiner Reise durch Sachsen: Leipzig-Connewitz. Hier stand noch der gleichnamige Sportplatz, der einst bis zu 15 000 Zuschauer fasste, auf dem Programm. Vor 104 Jahren hat hier das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft zwischen dem VfB Leipzig und dem Duisburger SpV (1:0) stattgefunden. Von außen betrachtet war auf der Grünfläche an der Arno-Nitzsche-Straße nichts mehr zu erkennen, was auf ein Stadion hindeuten sollte. Angeblich sollen ja noch rudimentäre Reste übrig sein. Aber dafür hatte ich mir, wie schon vorhin mal angemerkt,  mit dem Sommer die falsche Reisezeit ausgesucht. Der Winter legt so manches frei, was im Sommer überwuchert ist.

Fazit: Der „DDR“-Osten hat immer noch was zu bieten! Schön, das es Dich gibt!

Sportplatz Connewitz, Leipzig

 

Meine Reisewege durch Sachsen im Juli 2018.


zum Fußball 2018 (3)