"Wenn Du ein Land kennenlernen willst, gehe nicht zu den Ausgrabungsstätten, sondern in die  Tavernen." Das habe er so oder so ähnlich einmal gelesen. Michael Höller hat den Spruch nur  etwas abgewandelt und ihn zu seinem Lebensmotto gemacht: "Statt Tavernen sind es bei mir eben Stadien."[Allgemeine Zeitung / Rhein Main Presse, 1.8.2015]



Im Laufe des Jahres 2024 entwickelte mein 12jähriger Sohn Martin ein zunehmendes Interesse an Japan und seiner Kultur. Schwerpunkt bildeten gemäß seinem Alter Ninjas, Samurais sowie deren Kampfkunst und Waffen. Abenteuerbücher zu diesem Thema wurden von ihm jeweils in Rekordzeit verschlungen. An Sushi und das Essen mit Stäbchen war Martin, ganz im Gegensatz zu mir, schon längst gewöhnt. Als seine Mutter und ich bei ihm irgendwann einen gewissen Fanatismus diagnostizierten ("Warum bin ich nicht als Japaner geboren worden?" usw), kam uns die Idee, Martin zu seinem 13. Geburtstag im August mit einer Reise nach Tokio eine - außer der Reihe ziemlich übergroße - Freude zu machen. Ich meldete mich freiwillig, die einköpfige Reisebegleitung und die Planung der Reise zu übernehmen. Anfang April buchte ich die Flüge, nicht ohne mich vorher zu vergewissern, das während unserer Zeit in Tokio zumindest ein, zwei Fußballspiele möglich sein würden.

Die Reise nach Tokio als Geburtstagsgeschenk war natürlich ein Volltreffer! Zwischen Geburtstag und Reisebeginn lagen nur zwei Monate, die zur Vorbereitung von uns beiden intensiv genutzt wurden. Martin hatte in einem seiner Bücher von der Burg Nijo gelesen und als ihm klar wurde, daß es diese Burg tatsächlich gibt, wollte er unbedingt dorthin. Wie könnte man seinem Sohnemann einen solchen Wunsch abschlagen? So wurde aus einem Tokio-Trip eine Japan-Reise, denn Burg Nijo liegt in Kyoto. Die alte Kaiserstadt mit in den Reiseplan aufzunehmen, war die beste Entscheidung ever. Schließlich ist Kyoto Inbegriff der traditionellen japanischen Kultur und kann mit 17 UNESCO-Weltkulturerbestätten aufwarten.

1. Tag

Unser Flugtarif hätte es erlaubt, insgesamt vier Koffer a 23 kg mitzunehmen. Uns reichten zwei: Einer mit Klamotten und einer mit Müsli und Keksen. Dem eigenen Hungertod im Land der rohen Fisch-Esser (Achtung, doppeldeutig!) mußte ich mit meiner bewährten Lebensmittel-Bevorratung vorbeugen. 

Einen Vorgeschmack auf die japanische Kultur gab es schon am Frankfurter Flughafen. Als die Flugzeug-Crew von JAL am Gate eintraf, stellten sie sich gemeinsam mit dem Boarding-Bodenpersonal in eine Reihe auf und verbeugten sich vor den Passagieren, um dann ins Innere des Fluggeräts zu tippeln. Einen Vorgeschmack auf japanisches Essen gab es schon in der Luft. Vorsichtig musste ich alle Bestandteile sorgfältig prüfen, bevor sie auf die Gabel kamen. Etwa 70% schafften es in meinen Magen. Bei Japan-Fan Martin wurde höchstens 40% verspeist.

Traumreise: Flüge FRA -> NRT und zurück mit JAL zu 1 962,70 EUR für 2 Personen


Unser bis dahin längster Nonstop-Flug: 9 377 km


2. Tag

Der Flug verging wie im Flug. Bei zwölfeinhalb Stunden keine Selbstverständlichkeit, zumal mit der jugendlichen Begleitung an Bord. Doch die hielt sich mit Quengeleien und Sonderwünschen sehr zurück. Als wir gegen 16 Uhr Ortszeit am NRT einschwebten, stand unsere innere Uhr auf morgens etwa 9 Uhr. Gut ausgeschlafen... könnte man meinen.

Die Einreise dauerte etwa eine Stunde und verlief problemlos. Auch am Zoll ging alles glatt, nachdem wir eine nicht aufgegessene und daher potentiell gefährliche Paprika freiwillig zur Entsorgung bei einer der dafür abgestellten Person abgeliefert hatten. Eine der vielen Besonderheiten Japans fiel uns schon hier direkt auf: Personal ist keine "Mangelware". An allen "kritischen" Stellen (sei es am Bahnhof, am Aufzug, im Museum, an Verkaufsstellen usw.) stehen dort, wo es bei uns allenfalls Schilder geben würde, Personen bereit und unterstützen dabei, das sich die Menschen richtig orientieren und richtig verhalten, so das die vorgesehenen Abläufe (Einsteigen in den Zug, Ticketkauf an einer Kasse, Beachtung von Regeln im Museum usw.) tatsächlich effizient funktionieren und nicht gestört werden. Die durchaus positive Art des Gegängelt-werdens sorgt auch dafür, daß man selten irgendwo nachfragen muß.




Mit moderner Telefontechnik im Allgemeinen und mit ausländischen SIM-Karten im Besonderen stehe ich auf Kriegsfuß. Das ist umso bitterer, als das man auf SIM-Karten meist nicht verzichten kann. Deswegen war ich heilfroh, das meine reservierte SIM-Karte von Mobal (8 Tage, 25 GB zu 30 EUR) nach dem Abholen und Einsetzen fast wie von selbst und einwandfrei funktionierte. Erleichterung auch, daß am Flughafen die Suica Welcome Card erhältlich war. Mit dieser Prepaid Card kann man landesweit den ÖPNV nutzen und sogar in vielen Geschäften einkaufen. Wegen des weltweiten Halbleitermangels waren diese nur für einen kurzen Zeitraum gültigen und für Touristen gedachten Karten zeitweise nicht verfügbar, was ein ständiges und aufwändiges Fahrkartenkaufen nötig gemacht hätte. Und schließlich spuckte der ATM bei 7-Eleven zu einem günstigen Kurs Bargeld aus. Solche "Gauner"-Automaten, wo man an europäischen Flughäfen Cash nur zu miserablen Kursen oder mit fetten Gebüren bekommt, gibt es in Japan nicht. Auch eine Halbliter-Flasche Wasser kostet im ganzen Land immer und überall etwa 120 Yen (ca. 0,75 EUR), egal ob am Flughafen, am Bahnhof, im Supermarkt oder an einem in einer dunklen Seitenstraße stehenden Getränkeautomat. Sehr fair!

Orientierung ist alles...


Einstieg in den Keisei Skyliner von Narita Terminal 2-3 nach Nippori


Liebe auf den ersten Blick: Bunte japanische Getränkeautomaten!


Um vom weit außerhalb gelegenen Flughafen Narita ins Stadtzentrum zu gelangen, nutzt man entweder den Narita Express oder den Keisei Skyliner, je nach dem, wo man genau hin will. Für uns war letzterer die optimale Wahl, da wir so bis zum Hotel nur 1x umsteigen mußten. So lernten wir schon gleich nach unserer Ankunft die örtlichen Gepflogenheiten beim (Fern-)Bahnfahren: 1. Fahrkarte (fast) immer mit Sitzplatzreservierung, 2. alle Gleise sind durch Barrieren gesichert, deren Tore öffnen erst nach Halt des eingefahrenen Zuges, 3. man weiß vorher genau, an welchem Tor welcher Waggon halten wird, 4. auf dem Boden ist markiert, wo genau man eine Warteschlange für welchen Einstieg bilden soll, 5. im Zug selbst gibt es keine Fahrkartenkontrollen, 6. während der Fahrt patroulliert eine bewaffnete Sicherheitskraft durch die Waggons, beim Betreten und Verlassen eines jeden Waggons schaut der Mann wie ein Roboter stets kurz nach rechts und links, um sich dann kurz vor den Passagieren zu verbeugen.

APA Hotel Yamanote Otsuka: 7x Ü zu 594 EUR



Unser Hotel hatte ich strategisch günstig direkt an einem Bahnhof der Yamanote-Linie gewählt. Diese Linie führt im Kreis durch ganz Tokio, so das man die meisten Sehenswürdigkeiten ohne oder mit maximal 1x Umsteigen erreichen kann. In unserem Falle war Otsuka der Heimatbahnhof für die kommende Woche. Der Check In im Hotel verlief zügig und japanisch: An der Rezeption schaut man auf ein großes Board, der Mitarbeiter scannt die Reisepässe ein, die Buchung erscheint, man unterschreibt und aus einem Kartenschlitz kommen die Schlüsselkarten raus. Fertig. Verbale Kommunikation überflüssig. Wir bekamen ein Zimmer im 20. und obersten Stock des Hotels mit Blick auf die Innenstadt.

Im Brandfall Tüte über den Kopf ziehen!


Im hoteleigenen Spa keine Tattoos erlaubt!


Anschließend zog ich mit Martin durch die Gegend um unser Hotel, um ein paar Wasserflaschen zu kaufen. Bis in jede Seitenstraße hinein spürte man die sprichwörtliche japanische Sauberkeit. Nicht ein Papierschnipselchen flog herum. Dabei sind Mülltonnen im öffentlichen Raum Mangelware. Müll und Dreck werden nicht entsorgt, er entsteht gar nicht erst. Wenn ab 22 Uhr alle Läden geschlossen haben, ist überall draußen ziemlich tote Hose. So ging auch für uns ziemlich bald der kürzeste Tag der Reise zu Ende.

Scheinbar immer recht unfreundlich: Soba-Nudel-(Geschäfts-)kette


Auch in der dunkelsten Gasse kann man vom Boden essen!


3. Tag


Blick aus dem Hotelzimmer im 20. Stock


Meinen Martin morgens aus dem Bett zu bekommen, wurde dank der Zeitumstellung von sieben Stunden täglich zu einer Herausforderung. Dabei war schon am ersten Tag in Japan ein straffes Programm vorgesehen.

Eine der bekanntesten Attraktionen von Tokio ist Scramble Crossing (oder Alle-gehen-Kreuzung genannt) im Stadtteil Shibuya, die wahrscheinlich am stärksten frequentierte Straßenkreuzung der Welt. In Hochzeiten dürften pro Grünphase knapp tausend Menschen (anderen Quellen zufolge bis zu 3 000) gleichzeitig aus allen Richtungen kommend und in alle Richtungen gehend die mit Zebrastreifen markierten Übergänge passieren. Und damit man das auch wirklich gut verfolgen kann, gibt es mit Shibuya Sky eine Aussichtsplattform auf Stockwerkhöhe 45, für die ich um 11:20 Uhr einen time slot gebucht hatte. Beliebter sind die stimmungsvollen Abendstunden, aber dafür war ich zu spät gewesen.



Blick auf Shibuya Scramble Crossing: Besuch der Aussichtsplattform Shibuya Sky zu 29,88 EUR


Die Aussicht von da oben war gut dafür geeignet, sich mal einen ersten Eindruck von Tokio zu verschaffen. Gigantisch! Schließlich befand man sich gerade in der größten Stadt der Welt. Wegen des einsetzenden Regens wurde die Aussichtsplattform bald geschlossen. Safety first!

Shibuya Scramble Crossing oder Alle-gehen-Kreuzung: Mittags ist das Gewusel noch überschaubar.



Klein vs Groß, Alt vs Neu


Ältester Tempel in Tokio: Sensō-ji von 645 an der Nakamise-dori Street


Worin genau der Unterschied zwischen Sensō-ji und Asakusa (sprich: Asaksa) besteht oder ob das gar das gleiche ist, hab ich nicht kapiert. Beides ist ziemlich alt und ziemlich stark besucht. So drängten auch Martin und ich durch die Nakamise-dori Street, die von dem südlichen Tor auf den Schrein zusteuert und von Touristenläden flankiert ist. Bald begann ein japanischer Drache über das Gelände zu schweben. Der Geruch von Räucherstäbchen waberte durch die Luft.

Kaminarimon: Tor am Eingang zum Tempel Sensō-ji mit einem 3,9 m hohen Lampion




Soll frühzeitigem Haarausfall vorbeugen...


Schrein (ohne Gebein) im Tempel von Asakusa


Martin nahm an einigen der Rituale selbst teil, wie z.B. Omikuji. Nach Zahlung von 100 Yen wünscht man sich etwas Gutes, schüttelt eine achtseitige Metalldose und entnimmt ihr ein Stäbchen. Darauf steht eine Nummer, die zu einer Schublade führt. In der Schublade liegt ein Zettelchen mit einem Text. Hat man Glück und es steht etwas Gutes darauf, nimmt man den Zettel mit nach Hause. Ansonsten hängt man ihn an eine dafür bereitstehende Schnur und läßt ihn zurück. Anders als in abendländischen Schreinen befinden sich in asiatischen keine Relikte wie Knochen usw. von Heiligen.

Omikuji


Fünfstöckige Pagode von Asakusa


An unübersichtlicher Ecke in einem Bahnhof:


Warnung vor dem "Bösen", das hier lauern könnte!


(Haupt-) Bahnhof Tokio


18.10.24 * Yokohama F. Marinos - Albirex Niigata  0:0 * 19:33 Uhr * J League (Level 1) * Nissan Stadium, Yokohama * Eintritt: 5160 ¥ (31,75 € für 2 tickets)  * Zuschauer: 18 781 * An- u Abreise ab/bis Tokio mit dem Shinkansen zu insgesamt 34 EUR

Am Abend stand endlich Fußball auf dem Plan. Man hatte die Auswahl zwischen Kawasaki Frontale - Gamba Osaka und o.g. match in Yokohama. Die Wahl fiel auf Yokohama, aber nur weil es dort direkt in der Nähe einen Shinkansen-Bahnhof gibt. Lieber mit dem Hochgeschwindigkeitszug zum Fußball als mit einer Vororts-Bimmelbahn. Außerdem waren wir gespannt darauf, endlich mal selbst in dem legendären Bullet-Train zu sitzen. 

Die Fahrkarten hatte ich schon online in Deutschland bestellt. Der Preis für ein Ticket hängt nur davon ab, ob man einen reservierten Platz haben möchte und ob man viel Gepäck dabei hat. Frühbucher-Rabatte o.ä. gibt es nicht. Für die nur 18 minütige Fahrt nach Yokohama und die spätere Rückfahrt hatte ich keine Plätze reserviert. Das war zum einen preiswerter und zum anderen hat man keine Zugbindung und kann jeden Zug nutzen. Unreservierte Plätze sind immer in den ersten drei Waggons. Man muss also nicht durch den Zug laufen und suchen.

Shinkansen und ICE in Deutschland sind nicht vergleichbar. Der Shinkansen fährt auf eigenen Trassen zehn festen Routen, die nur 2 388 km umfassen, sich nicht überschneiden und, von zwei drei Ausnahmen abgesehen, einmal von Norden nach Süden durch das ganze Land führen. Das deutsche Fern-verkehrsnetz auf der Schiene ist wesentlich größer, komplexer und verzweigter.

Shinkansen nach Süden im Minutentakt


Gekennzeichnete Flächen zum Schlange-Stehen


Alle Shinkansen aus Süden (Shin-Osaka) enden in Tokio und fahren die gleiche Strecke wieder zurück. Zwischen Ankunft und Rückfahrt liegen manchmal nur 10 bis 15 Minuten. Dann steigen Serviceleute ein und drehen in allen Waggons die Zweier- und Dreiersitzreihen um, so daß man immer in Fahrtrichtung sitzen kann. Zu Reinigen gibt es nicht viel, denn Japaner verlassen den Zug genauso, wie sie ihn betreten haben: Ohne Müll! Man darf zwar im Zug essen, aber ein Zugrestaurant gibt es nicht. Leere Flaschen, Zeitungen, Essensreste etc.? Fehlanzeige!

Shinkansen Baureihe N700A


geöffnete Tore zum Einstieg in Waggon 1 und 2


Vor und nach einer Fahrt: Immer saubere Sitze im Shinkansen.


Fußball-Fans auf dem Weg zum Spiel


Etwa eine Stunde vor Anpfiff kamen wir in Yokohama an. Schnell noch den Rucksack mit der Spiegelreflex ins Schließfach und Abmarsch zum Stadion. An dem einzigen Tag, an dem es regnen sollte, hatten wir die Regenjacken im Hotel gelassen. Pech auch!

Straße mit Vereinsnamen, Yokohama


Designer Manhole Cover




Ich muss zugeben, dass ich es gar nicht auf dem Schirm hatte, das in Yokohama das WM-Finale 2002 mit Deutschland stattgefunden hatte. In der Zeit war ich viel zu sehr mit Kinderkriegen beschäftigt, als das ich mir sowas hätte merken können. Na ja, aber den Patzer von Kahn, den hatte ich noch im Kopf.

Auch die Tickets für das Spiel waren von mir vorab geordert worden. Das Preissystem in Japan ist dynamisch, d.h. die Preise steigen und fallen abhängig von der Nachfrage. War mir wurscht, ich habe kurz nach der Freigabe für den General Sale zugeschlagen. Keine Ahnung, ob es Sinn gemacht hätte, auf sinkende Preise zu spekulieren. Nicht mein Ding!

Nissan Stadium: Austragungsort des WM-Finales 2002


Martins Hand meets Kahns Pranke



Anstoßzeit 19:33 Uhr. Im Jahr 1933 wurde Nissan in Yokohama gegründet.


Zu Beginn gab es ein Intro mit fulminanter Musik. Plötzlich hatten alle Leuchtstäbe in der Hand und schwenkten sie. Sogar der Gästeblock hatte welche in seiner Farbe. Ich vermute, daß man in Japan den Fußball-Gegner nicht beschimpft, sondern "nur" sein eigenes Team supportet. Der Ultra-Block war fast durchgehend am anfeuern und singen, aber auch die übrigen Anhänger standen dem kaum nach.





Blau ist die überwiegede Farbe der Regencapes.




Das Gekicke auf dem Rasen war ziemlich mau und die Namen der Nicht-Japaner auf dem Rasen waren mir nicht geläufig. Interessanter war ohnehin das, was auf den Rängen ablief. Ein paar Tore hätten aber durchaus fallen dürfen. Zur Halbzeit schauten wir uns um, was kulinarisch so geboten wurde. Weder Martin noch ich konnten uns dazu durchringen, etwas aus der lokalen Küche zu kaufen. Das, was als "eventuell essbar" eingestuft wurde, war schon ausverkauft.

Mahlzeit!


Nee, lieber nicht!



Dafür bekamen die Stadion-WCs von mir *******! Fünf * sind in Japan Standard: Kein Bahnhof, keine Station nicht ohne WC. Und alle, ausnahmslos alle waren kostenlos und tiptop-sauber. Reinigungspersonal hab ich nie gesehen, betreut waren die WCs auch nicht. Desinfektionsprogramm und diverse Spülungen für den Hintern bei regulierbarer Temperatur gehören dazu. Hintergrundgeräusche wie lautes Wasserplätschern können zugeschaltet werden, wenn die eigenen Geräusche oder die aus der Loge nebenan zu laut sind. Zwei Sondersterne für das Stadion-Klo gab es aufgrund der Beleuchtung der Kloschüssel und - man höre - die beheizte Klobrille. Der Wahnsinn! Auf so einem Örtchen konnte man die Zeit vergessen...

Verwöhnt jeden Hintern! Es sei denn, das Wasser ist zu heiß eingestellt...


Beheizte Klobrille: Wäre aber nicht nötig gewesen!


Die Ente, die eigentlich eine Möwe ist.



Irgendwann um halb elf abends war für mich der Länderpunkt 68 eingesackt und wir konnten zufrieden zurück zum Hotel düsen. Vom Stadion ergoss sich eine riesige Menschenmenge in die Stadt, in der Martin und ich einfach mitschwammen. Plötzlich, vom Bruchteil einer Sekunde auf den anderen, blieben rund um uns herum alle Fußgänger stehen. Wir verstanden gar nicht, was passiert war. Hatten wir ein Kommando überhört? Keiner schob sich näher an den anderen heran, keiner drängelte oder fluchte. Von oben sah es wahrscheinlich so aus, als hätte man eine Filmaufnahme von Schwarmfischen angehalten. Bald ging es weiter und wir kamen dem Rätsel des Massen-Stops auf die Spur: Eine rote Fußgängerampel! Der Wahnsinn! Ein einziges rotes Licht schaffte es, tausende Menschen in Sekundenschnell zum Stillstand zu bringen. Es gab keine Polizisten, die Straße war nur einspurig und das einzige Auto, das während der Rotphase dort vorbeifuhr, stelle keine Gefahr für die Stadionbesucher dar. In aller Welt wären die Menschen 100%ig weitergelaufen und hätten die Ampel ignoriert. Nicht in Japan. Disziplin auf allerhöchstem Niveau. Nochmal: Wahnsinn!

Hier ist DER Moment im Bild eingefangen, der mich in Japan am meisten beeindruckt hat!





4. Tag

Blick aus dem Hotelfenster


Shinjuku




Der Jetlag hatte uns wieder voll im Griff. Ein Aufstehen vor 13 Uhr war mit Martin unmöglich. Auf dem Programm stand tatsächlich Shopping! Martin wollte sich einen Kimono zulegen. In Shinjuku orteten wir einige Länden, in denen man diese traditionelle Kleidung ggf. auch aus zweiter Hand ergattern konnte. Bei den ersten zwei Adressen gab es nicht das richtige oder es war deutlich über unserem Preislimit. Im dritten Anlauf hatten wir Glück. In dem unscheinbaren Laden, direkt neben einem Kebab-Restaurant gelegen, gab es in der 1. Etage eine kleine Auswahl an Kimonos. Wir ließen uns von einer netten Dame beraten und Martin sich in den nächsten Minuten vollständig einkleiden, inkl. Socken, Holzschuhe und Obi. Martin hatte genau das gefunden, wovon er geträumt hatte. Sohn glücklich, Papa glücklich!





Akihabara



Von Shinjuku fuhren wir nach Akihabara, dem Elektronik-Stadtteil. Dort sieht Tokio genau so aus, wie man es sich vorstellt: Bunt, leuchtend und vollkommen überfrachtet! Hier bekommt man nicht nur alles, was zur Unterhaltungs-Elektronik gehört (von Adaptern über Handys bis zu Videospielen), sondern auch  vermutlich alles, was irgendwie mit Animé zu tun hat. Damit meine ich Sammelkarten, Figuren, Comics, Kuscheltiere und ähnlichen Tinnef. Ich hab davon keine Ahnung, weil ich damit nix anfangen kann. Aber das alles sich mal anzusehen, ist schon toll. An den Straßen stehen junge Mädels als "Butler" verkleidet und werben Kunden für sogenannte Maiden-Cafes. Das ist typisch japanisch, aber nicht unanständig. In einem Laden konnten wir uns mit Souvenirs für die Daheimgebliebenen eindecken.













Am Skytree, dem höchsten Gebäude Tokios, wurden wir von einem Oktoberfest überrascht, das zu seinen Füßen bzw. Wurzeln stattfand. Aus den Boxen dröhnte "Ich will Spaß, ich will Spaß..." von NDW-Markus. Sehr krass! Leider hatten wir keinen Hunger, sonst hätten wir bei den Würstchen zugeschlagen und dabei verfolgt, wie Japaner Schnitzel mit Stäbchen essen.

オクトーバーフェスト





Si-lbe-ntren-ung mi-ssglüc-kt


Skytree Tokyo: 634 m hoch u 38,63 EUR teuer (für 2)
Derzeit das dritthöchste Gebäude der Welt.


Letzter Akt des Tages wurde der Besuch des Skytree, der abwechselnd in verschiedenen Farben illuminiert wird. Die Wartezeiten waren kurz und damit erträglich, die Aussicht aus Etage 450 auf das Lichtermeer einfach toll.

Ausblick vom Tembo-Deck (350 m hoch) auf Tokio



                                                               Fortsetzung -> Japan 2024 (2)