"Wenn Du ein Land kennenlernen willst, gehe nicht zu den Ausgrabungsstätten, sondern in die  Tavernen." Das habe er so oder so ähnlich einmal gelesen. Michael Höller hat den Spruch nur  etwas abgewandelt und ihn zu seinem Lebensmotto gemacht: "Statt Tavernen sind es bei mir eben Stadien."[Allgemeine Zeitung / Rhein Main Presse, 1.8.2015]

zum Fußball 2013 (1)




10.4.13 * Juventus Turin - Bayern München   0:2 * Champions League, Viertelfinale, Rückspiel * 20:45 Uhr * Juventus Stadium, Turin * Zuschauer: 40 823 * Eintritt: 46 EUR für einen Sitzplatz *

Die Reise:  GL -> Flughafen Weeze (H+R) zu 23,80 EUR, Flug Weeze -> Bergamo [Orio al Serio] (H+R) zu 44,61 EUR, Zugfahrt Bergamo -> Torino P.N. -> Milano Centrale zu 27,45 EUR, Übernachtung EZmF im Tomato Backpacker Hostel, Turin zu 35 EUR, Shuttlebus Mailand -> Flughafen Bergamo zu 5 EUR *

Bergamo hatte ich immer in guter Erinnerung. Nicht die Stadt selber, sondern dessen Club Atalanta. Es war am 28.11.1990, als ich mich beim UEFA- Pokal-Hinspiel 1. FC Köln - Atalanta Bergamo 1:1 in den Auswärtsblock gestellt hatte und erstmals mitbekam, was für eine bis dato in Deutschland weitgehend unbekannte Fangattung Ultras denn waren! Ich fand es total geil, weil es so ungewöhnlich und so anders: Die das ganze Spiel durch supportenden Nerazzurri, den bis zur Heiserkeit ins Megaphon brüllenden Capo oder das plötzliche, auf Kommando Vor-Zurück-Rechts-Links-Springen des ganzen Blocks. "Atalanta, Atalanta, Hey, Hey...!"

Nun habe ich Bergamo gar nicht mehr in guter Erinnerung! Dabei fing alles so gut an: Nach der Arbeit nach Weeze gerailt, mit Ryanair über die Alpen gejet- tet und um 23:25 Uhr in Bergamo gelandet. Dann eine Stunde auf den Bus in die Stadt gewartet, bis ins Zentrum gefahren, die Via Zambronate runterge-laufen und vor Hausnummer 73 stehengeblieben. Bei "Romeo & Juliet", meinem gebuchten b&b geklingelt. Nix. Nochmal. Wieder nix. Hmmmm... Es ist 1 Uhr nachts und ich möchte endlich schlafen. Ich klingle wieder, ziemlich lange. Nix. Ich krame die Reservierungsbestätigung heraus und rufe abwechselnd die beiden dort angegebenen Nummern an. Eine mir unverständliche Bandansage ist zu hören. Ich riskiere fliegende Blumentöpfe und betätige auch die umlie-genden Klingelknöpfe. Nix. Das Tor zum Innenhof ist fest verrammelt. Klingel, klingel, klingel. Nichts.



Ich gehe die Straße zurück zu einem ***-Hotel, wo ich durch die Fenster den Nachtportier sehen kann. Er macht auf und ich schildere ihm mein Problem. Er ist sehr nett und hilfsbereit. Auch er wählt die beiden Telefonnummern vom "Romeo and Juliet", aber vergeblich. Das Handy sei aus- geschaltet, sagt er mir. Ob er noch ein Zimmer frei habe, frage ich. Nein, alles "full", die ganze Stadt. Schon bei der Buchung hatte ich erstaunt festgestellt, daß in Mailand und Bergamo die Zimmer ziemlich knapp waren. Jetzt erfahre ich auch warum: Internationale Möbelmesse.



Damit ist mein Schicksal besiegelt: Schlaflos da bettlos in Bergamo. Als ich vor dem Bahnhof stehe, ist es schon 1:43 Uhr und ich kann erkennen, daß der erste Zug nach Mailand um 5:02 Uhr fährt. Och..., gut drei Stunden abhängen. Kinderspiel. Ich laufe die längste Zeit durch die Stadt um wach und warm zu bleiben. Zwischendurch stoppt mich eine Polizeistreife, die meine Personalien checkt. Ich bin sauber und darf weiter umher wandeln.



Ab vier Uhr stehe ich vor dem verriegelten Bahnhof in der Hoffnung, daß man hier bald aufschließt. Tut man aber erst um 4:45 Uhr. Eine Stunde Schlaf, um 6 Uhr bin ich in Milano Centrale und springe in den nächsten Regionalzug (billig und fährt fast zwei Stunden) nach Turin. Wache auf, als alle aus dem Zug springen. Ich hinterher. Bin aber erst in Torino Porta Susa. Also in den nächsten Regionalzug rein und bis Porta Nuova gezuckelt.

Es ist erst halb Neun. Ich gönne mir am Bahnhof Croissants und Espresso und schaue den Italienern dabei zu, was sie am besten können: Streiken. Irgend-welche Eisenbahner laufen fahnenschwenkend umher. Als sie auch schrille Tröten einsetzen, ist es mir zuviel und ich laufe zu meiner Unterkunft, die nur 300 Meter vom Bahnhof entfernt liegt: dem Backpacker-Hostel Tomato. Doch hier ist noch kein Zimmer frei, ich werde auf Mittag vertröstet.

Drum beginne ich, mein Pflichtprogramm in Angriff zu nehmen: Fahre mit der Straßenbahn zur Via Filadelfia, wo es noch Überreste des gleichnamigen Stadions gibt, in dem der AC Turin zwischen 1926 und 1963 spielte und sechs seiner sieben Meisterschaften gewann. Das Gelände ist frisch und komplett von einem Metallzaun umgeben worden. Glücklicherweise ist an nur einer Stelle der Zaun so stark umgebogen, daß auch ich durchpasse. Es wird phan- tastisch: Ich kann die Reste der Tribüne und alte Stadionkassen in Augenschein nehmen. Warum hat man sie eigentlich  stehengelassen, frage ich mich. Zwischen zwei Toren wuchert dichtes Graß. An der Innenseite hat man in großen Lettern "Stadio Filadelfia" auf den Zaun gepinselt. Ich könnte stundenlang hier herumlaufen, wenn mir nicht inzwischen meine Füße brennen würden. Die Nachtwanderung... Ich entscheide, das in Sichtweite liegende Stadio Olimpico später zu besichtigen und fahre zurück zum Tomato. Ein Königreich für ein Bett und eine Dusche. Gute Nacht!



Am Nachmittag mache ich mich auf den Weg in die Innenstadt. Hier tummeln sich nur wenige Bayern-Fans. Was ich vermutet hatte, bestätigt sich später am Stadion: Der Großteil der 2 000 Bayernfans ist in Bussen angereist. In einem Juve-Shop blättere ich in einem Buch über das neue Stadion herum. So wie es aussieht, steht es metergenau an der gleichen Stelle wie der grausame Vorgängerbau delle Alpi. Ein Ground, den nach nur 19 Jahren die Abrißbirne erwischt hat: Rekordverdächtig.

Aus dem Bauch heraus lege ich fest, das Juventus Stadium nicht als neuen Ground zu zählen. Es sei denn, jemand kann mir (dankenswerterweise) belegen, daß der Rasen etwa 5 cm tiefer liegt als vorher o.ä. [Ergänzung vom 12.5.13: Nachdem ich mir meine eigenen Ground-Regeln nochmal durchgelesen hab, muß ich den Ground nun doch zählen, weil "das Spielfeld in seiner ursprünglichen Lage" keineswegs unverändert blieb. Es wurde ja sogar komplett platt gemacht und neu wieder hergestellt.]



Die Fahrt zum Stadion gestaltet sich als ziemlich umständlich, weil es aus der Innenstadt keine direkte Verbindung gibt und man gar von der Straßenbahn auf den Bus umsteigen muß. Echt provinziell. In die Sportanlage ist u.a. auch ein OBI integriert. Find ich etwas irritierend. Ob man hier zum Derby Juve - Torino Pflastersteine im Angebot hat?



Beim Einlaß erlebe ich zum erstenmal das, was ich bisher allenfalls als "Androhung" kannte: Der Name auf der Eintrittskarte wird mit dem Personalausweis abgeglichen. Nicht stichprobenartig. Durchgehend! Keine Ahnung was mit denen passiert, bei denen die Daten nicht übereinstimmen. Aber ich bemerke keinen, der am Gate abgewiesen wird.



Aus dem Bayern-Block heraus werden die Italiener gleich mit "Juve, Juve, Vaffanculo!" begrüßt. Die Stimmung in der wirklich schönen Arena ist super und die Choreografie der Gastgeber grandios!  Nach dem 2:0-Sieg im Hinspiel zweifelt niemand  daran, daß Juventus die Münchner noch mal in Bedrängnis bringen kann. Das Spiel verläuft aus rot-weißer Sicht sehr nervenschonend und nach dem 1:0 der Bayern ist die Luft raus. Das macht aber gar nichts, schließlich ist das Halbfinale erreicht und der zukünftige italienische Meister gleich doppelt besiegt! Wie man es aus Italien kennt, wird der Verein trotz des Ausscheidens von den eigenen Anhängern kräftig gefeiert. Toll! Die Bayernfans feiern auch: Mit zahlreichen Bengalos. Ein so n Ding wird direkt neben mir abgefackelt.



Nach dem Abpfiff muß man im Gästeblock noch lange warten, bis man endlich rausgelassen wird. Vor dem Block stehen Busse bereit. Es steht zwar nichts dran, aber auf Nachfrage erfährt man, daß es zum Bahnhof Porta Nuova geht. Das tut es erst nach längerem Warten, aber dafür umso schneller. Zwei Busse werden von einer Polizeieskorte in rasendem Tempo durch die Stadt begleitet. Cops auf Motorrädern sichern die Kreuzungen und sorgen für freie Fahrt. Erinnert mich an die WM 1990. Ist vielleicht eine lokale Spezialität?! Allerdings fährt die Kolonne frech am Bahnhof P.N. vorbei und stoppt erst drei, vier Straßenbahnstationen weiter in der "Pampa". So wird sicher vermieden, daß man nicht geschlossen auf eine Gruppe Juve-Anhänger trifft. Als man aussteigt, verteilen sich die Rot-Weißen in alle Richtungen. Ich bin froh, als ich nach Mitternacht endlich wieder im Tomato ins Bett fallen kann.


Am nächsten Morgen besorge ich mir den Corriere dello Sport und blättere genüßlich auf die Seiten des gestrigen Spiels. So einen Triumph gibt es nicht alle Tage und ich beschließe, das Auskosten zu zelebrieren! Ciao Juve, Italia kaputt!



Mir bleibt in Turin noch etwas Zeit und ich fahre wieder ins südliche Zentrum, um das Stadio Olimpico aufzusuchen. Hatte am Vortag erfahren, daß auch Führungen angeboten werden. Als ich am Schalter ankomme, ist dort gerade der Strom ausgefallen. Keine Tickets, kein Einlaß, keine Führung. Ich solle um 12 Uhr noch mal wieder kommen, vielleicht gäbe es dann wieder "Light". Ich gucke auf die Uhr: 11:10 Uhr. OK, ich setze mich auf eine Parkbank im Schatten des ehemaligen Communale und warte. Dabei sinniere ich dösend darüber, daß 14 EUR ziemlich happig sind, nur um sich ein leeres Stadion von Innen anzugucken und 14 EUR evt. besser in ein paar neue Socken investiert sein könnten. Irgendwie komisch, daß in Turin Olympische Winterspiele stattfanden, obwohl es hier weit und breit keine Berge gibt. Das wäre ja fast so, als wenn man in München auch eine Winteroly.... äh... ach, egal. Ich schenke mir das Olimpico und fahre nach Hause.






3.3.13 * TSG 1899 Hoffenheim - Bayern München   0:1 * 15:30 Uhr * 1. Bundesliga * Rhein-Neckar-Arena, Sinsheim * 30 150 Zuschauer * 34 EUR für zwei Stehplätze im Gästeblock * An- und Abreise: mit der Bahn zu 69 EUR *

Die Rhein-Neckar-Arena fehlte mir schon lange in meiner Ground-Sammlung und so war ich ganz froh, vom Fan-Club Niederrhein ´84 für dieses Spiel noch zwei Karten zu bekommen. 2002 hatte ich Hoffenheim zum ersten Mal gesehen: Bei einem Heim-Freundschaftsspiel gegen Waldhof Mannheim vor vielleicht 50 Zuschauern auf einem Kunstrasenplatz im SAP-Dorf Walldorf. So ändern sich die Zeiten! Und die Zeiten ändern sich immer noch, denn der Weg des Hopp-Clubs führt diesmal runter statt rauf.



Mein Sohn Paul mußte sich zunächst an Stehplätze in einem ausverkauften Stadion gewöhnen. Vor allem deswegen, weil man sich schon über eine Stunde vor Anpfiff in den Block reinstellen sollte, nur um dann beschäftigungslos von Zigarettenrauch umwabert verharren zu müssen. Der öde kick konnte uns unseren Spaß an der Super-Stimmung im Bayern-Block nicht vermiesen. Kurz bevor das einzige Tor fiel, fiel mir hinter mir was in den Rücken. Eine Frau hatte ihre Besinnung verloren (wohl eher wegen der Sonne als wegen des Spiels), sackte gleich zweimal in sich zusammen und mußte von Sanis rausgeführt werden. Na ja, wichtiges verpaßt hat sie nicht. Beim Verlassen des Stadions und dieser komischen Gewerbe-Acker-flächen-Dorfidyll-Gegend schwor ich mir, mich hier so schnell nicht mehr blicken zu lassen.




17.2.13 * Vitesse Arnhem - FC Groningen   2:0 * 12:30 Uhr * 1. Liga * GelreDome, Arnhem * 17 087 Zuschauer * 25 EUR für Sitzplatz Tribüne Mitte * An- und Abreise: mit der Bahn zu 40 EUR * 

Mit dem ICE ist man von Kölle ratzfatz in Arnhem. Allerdings gibt es die Verbindung tagsüber nicht allzu oft, so daß dem Besucher, der sonntags gegen Mittag dort ein Fußballspiel gucken will, reichlich Zeit bleibt, sich in der Stadt umzusehen. Dabei gibt es nichts zu sehen! Auch eine Erkenntnis! Mit dem Shuttlebus fuhr ich vom Willemplein über den Rhein zum Stadion und holte meine vorbestellte Karte ab, die es ohne ClubCard gab.



Die Gastronomie hob sich deutlich vom üblichen Stadion-Fast Food ab: Außer den obligatorischen Fritten gab´s jede Menge Alternativen (Asiate, Pizza, Säfte etc.), wie man sie aus Shopping Malls kennt. Wermutstropfen: Man muß am Automaten mindestens vier "Munten" (Bons) ziehen, was mit 10 EUR zu Buche schlägt. Der GelreDome warb mit dem Slogan "Het grootste Theater van Nederland". So wurden bei Anpfiff die Türen zu den Rängen geschlossen und über ihnen leuchtete ein rotes Licht auf. Möglicherweise bedeutete das, daß man hier (wie in der Oper) leise sein mußte?! Jedenfalls hielten sich die meisten dran, denn eine richtige Fußballstimmung kam gar nicht erst auf. Fußball in der Halle ist ja inzwischen nichts Ungewöhnliches mehr, aber im GelreDome einzigartig: Man bekommt hier nämlich ein grässliches Hallenfeeling verpaßt!




Nicht so eines wie in Schalke oder Frankfurt, wo man bei geschlossenem Dach sich immer noch in einer Fußballarena wähnt. Im GelreDome ist es wie... in einem Theater? In einem Bunker? Nein, tatsächlich wie in einem Parkhaus! Am hellichten Tage ist es trotz Flutlicht so dunkel, daß man beim Rausgehen schmerzhaft die Augen zusammenkneifen muß, weil sich die Pupillen erst noch an das Tageslicht gewöhnen müssen. Es machte wirklich keinen Spaß!

Nach dem Spiel fuhr ich im Bus 7 noch Richtung Geitenkamp. Ich wollte die Stelle finden, wo sich der Vorgänger-Bau des GelreDomes befunden hatte. Als Anhaltspunkt diente mir nur die Info, daß es einst im gleichnamigen Stadtteil "Nieuw Monnikenhuizen" lag und sich dort nun eine Reihenhaussiedlung befände. Die erste Neubausiedlung, die ich inspizierte, konnte vom Alter her evt. hinkommen, aber die Bebauung rechts und links war wesentlich älter und insgesamt wäre das Areal für ein Stadion zu schmal gewesen. Ein paar Schritte weiter wähnte ich mich am Ziel und wurde in meiner Vermutung prompt bestätigt, als ich auf einer kleinen Verkehrsinsel fast über einen Granitfußball gestolpert wäre. Hier hatte sich der Haupteingang des Grounds befunden. Mein Glück, erst jetzt hierher gefahren zu sein, denn der Schriftzug samt Fußball war gerade mal zwei Monate alt, das Stadion aber schon vor 15 Jahren abgerissen worden.







6.1.13 * KAS Eupen - Lommel United   2:1 * 15:00 Uhr * 2. Liga * Stadion am Kehrweg, Eupen * ca. 1 000 Zuschauer * 15 EUR für Sitzplatz Tribüne * An- und Abreise: mit der Bahn bis Aachen zu 18,30 EUR und weiter mit dem Bus zu 10,10 EUR (jeweils Hin und Her) *

Die Busfahrt von Aachen nach Eupen dauerte eine gute halbe Stunde und verlief durch drei stille Dörfer und nebelverhangene Wiesen und Wälder. Die Gegend zählt zur Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, zu der gerade mal 74 000 aller 11 Mio Belgier gehören. Die (Straßen)-Namen sind durchgängig deutsch und doch hat das Städtchen Eupen meinem Empfinden nach gänzlich "belgischen Charakter" (Keine Ahnung, was ich damit meine.). Als ich vom Busbahnhof die Straße Kaperberg hochlief, wurde der Nebel immer dichter. Ich folgte einigen Leuten mit schwarz-weißen Schals und fand so zu dem Stadion am Kehrweg. Den Ground erkennen konnte ich allerdings erst, als ich direkt davor stand. Selbst die Flutlichter waren keine 50 m weit zu sehen gewesen.

Hinter den Kassenhäuschen sammelte sich alles rund um den Bierstand. Ich schlug bei den Waffeln zu, die heute zu einem Euro für einen guten Zweck verkauft wurden. Dagegen fand ich 4 EUR für eine Bratwurst etwas happig. Die vier Tribünen am Kehrweg sind alle neueren Datums und der ground und das ganze Drumherum war mir sofort sympathisch. Obwohl ich mein Hirn mit der Info gefüttert hatte, daß die Belgier hier tatsächlich Deutsch sprechen, mußte ich mich doch immer wieder darüber wundern, wenn sich die Eupener untereinander unterhielten.


Zu Hells Bells von AC/DC (best song ever!!!) liefen die Schwarz-Weißen und die Lümmel aus Lommel aus ihren Kabinen in den Nebel. Dieser verzog sich mit zunehmender Spieldauer, so daß man im wahrsten Sinne des Wortes Fußball SEHEN konnte. Mehr als zehn Ultras hatte Eupen nicht zu bieten (aus Lommel waren etwa 20 Gestalten da), aber dafür ging vor allem die Gegentribüne stimmungsmäßig richtig gut mit.

Der Kick war ganz unterhaltsam und wie schon zuletzt in Lüttich brachten vor allem die farbigen Stürmer der Gastgeber Farbe ins Spiel. Ich glaube, wenn der Kehrweg nur 5 km von mir zu Hause entfernt wäre, würde ich hier sogar mit einer Dauerkarte liebäugeln. So sehr hat mir der Nachmittag in Eupen ge- fallen. Besser hätte das Fußballjahr 2013 nicht beginnen können.

Auf dem Rückweg gelang es mir, das Buch "Eine Reise dorthin, wo der Osten schon wieder Westen ist" von Martin Czikowski [MC] (nofb-shop) zu beenden. MC unternahm 2007 eine 73tägige absolute low-budget-Reise u.a. durch Russland, Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisistan und China. Dabei sah er so Knaller wie FK Vobkent - Topalang Sariosoyo oder FK Taraz - Kaisar Kyzylorda. Die Einleitung läßt die Hoffnung aufkommen, daß es sich hier um das Werk eines hochgradig verrückten groundhoppers handelt. MC schreibt: "Wenn diese Abhängigkeit [von Fußballspielen] aber mehr als nur die Route beeinflußt, wenn sie das instinktive Handeln vor Ort lenkt...". Diese Hoffnung erfüllt sich leider nicht, denn mehr als eine Halbzeit sieht MC selten und die Stadionerleb- nisse werden nur ganz knapp abgehandelt. Die Spiele sind eine kleine Randerscheinung auf der Backpacker-Tour eines Studenten auf einer wohl weitgehend festgelegten Route. Sehr ausführlich, interessant und zumeist spannend beschreibt er seinen Weg per Bahn, Bus, Marschrutkas und per pedes durch Zentralasien. Dabei erlebt er viele (geografische, psychische und physische) Höhen und Tiefen. Etwas nervig ist MCs Angewohnheit, einfache Dinge intellektuell zu umschreiben (Pinkeln = "meine Vesica urinaria drückte unangenehm und wollte über die Urethra entleert werden..."). Wer diese Gegend mal bereisen will und eine Ahnung bekommen möchte, was ihn erwartet, für den ist das Buch sehr zu empfehlen (Fazit: Ohne Russisch-Kenntnisse geht dort für Individualreisende gar nichts!). Wer etwas über fremde Stadien und exotische Fan-Szenen erfahren möchte, der kann sich die Lektüre sparen.