zum Fußball 2016
Aufgrund der Rechtsunsicherheit, die mit der am 25. Mai 2018 in kraft getretenen EU-DSGVO verbunden ist, sah ich mich gezwungen, zahlreiche Einbettungen von eigenen you-tube-Videos und viele Fotos, die im EU-Raum aufgenommen wurden, von der Seite zu nehmen. Ich bitte den damit verbundenen erheblichen Verlust an Unterhaltungswert zu entschuldigen!
4.12.16 * Sportfreunde Katernberg 1913 - SG Essen-Schönebeck II abgesagt * Kreisliga B * 14:15 Uhr * Stadion Lindenbruch, Essen * 20 Zuschauer * Eintritt: 2 EUR * An- und Abreise mit der Bahn zu 21,60 EUR
Interviewanfragen von Journalisten sind für mich nichts Ungewöhnliches mehr. Die Interviewanfrage einer Studentin für Sport- und Eventmanagement dagegen schon. Bei Recherchen für ihre Projektarbeit im Fach „Printmedien“ war Lisa (20) aus Köln auf diese meine website gestoßen. Nun wollte sie mehr über Groundhopping erfahren - und das Führen eines persönlichen Interviews war Bedingung ihrer Dozentin. Warum also nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden?
So fuhren das nette Fräulein und der alte Mann von Köln-Mülheim nach Essen-Zollverein Nord, wo man am Lindenbruch auf noch mehr alte Männer traf, die mit Glühwein oder Bier auf den Anpfiff des kleinen Essener Stadtderbys warteten. Doch fünf Minuten bevor es losgehen sollte, fiel dem Schiri auf, daß die im Schatten des Bahndammes liegende Platzhälfte völlig festgefroren war. Absage!
Och nee! Während sich Lisa ein breites Grinsen nicht verkneifen konnte, traf mich der Verlust von Spiel & Ground völlig unvorbereitet und tief ins Herz. Diesen heimeligen Ground hätte ich nur allzu gerne gemacht. Mist…. aber ich komme wieder!
Weil ich mich so offensichtlich für die ausgehängten alten Fotos und Pokale in der kleinen Katernberger Clubkneipe interessierte, bekam ich von einem Offiziellen das Heftchen zum hundertjährigen Vereinsjubiläum der Sportfreunde überreicht. Nette Geste! In der Freude darüber vergaß ich doch glatt, meine gelöhnten 2 EUR Eintritt zurückzufordern. Aber egal – Advent, Advent!
Auf der Rückfahrt im Regionalexpress führte Lisa dann das benötigte Interview mit mir. Ob ich was Verwertbares auf ihr Handy brabbeln konnte, weiß ich nicht. Wegen eines Polizeigroßeinsatzes gab es unterwegs einige Verzögerungen, was mir die Möglichkeit gab, etwas länger Lisas abenteuerlichen Erzählungen von einem Work & Travel-Aufenthalt in Down Under mit aggressiven Aborigines, nachtaktiven Känguruhs und langen Tagen ohne Dusche zu lauschen.
19.11.16 * Chemnitzer FC - Holstein Kiel 2:2 * 3. Liga * 14:00 Uhr * Stadion an der Gellertstraße, Chemnitz * 6 262 Zuschauer * Eintritt: 25 EUR * An- und Abreise: mit der Bahn zu 11,50 EUR *
Auf dem Bahncard-Bonuskonto hatten sich 2 000 Punkte angesammelt, die dringend in eine DB-Tageskarte (nur für den Samstag erhältlich, gültig bis sonn- tags 10 Uhr) eingelöst werden wollten. Um auf möglichst viele Schienenkilometer zu kommen, entschied ich mich für eine Reise an den Nordrand des Erzge- birges, nach Chemnitz. Unterwegs - und das lag mir besonders am Herzen - war ein Zwischenstopp in Riesa Pflicht.
105 Minuten Aufenthalt mitten in der Nacht in Bielefeld waren für mich inakzeptabel und ich so investierte 11,50 EUR (Fahrpreis bis Essen Hbf, Ankunft Samstag 0:04 Uhr) und kam in den Genuß einer geruhsamen Nachtfahrt nach Berlin. 23:13 Uhr ab Köln -> 4:29 Uhr an Berlin-Ostbahnhof. Dann weiter: 5:31 Uhr ab Berlin Hbf -> 7:07 Uhr an Falkenberg/Elster -> 7:32 Uhr an Elsterwerda-Biehla -> 7:43 Uhr an Elsterwerda -> 8:39 Uhr Riesa.
1991 verfolgte ich ich im "Ernst Grube" mit einer Bekannten das erste Match des Riesaer SV. Tage zuvor hatte der FC Stahl Riesa seine Umbenennung be- kannt gegeben und den Begriff Stahl aus seinem Namen gestrichen. Wie so oft hatte ich damals keinen Fotoapparat dabei und daher mittlerweile auch keine konkrete Erinnerung mehr an den Ground. Aber nun waren in verschiedenen Medien (in Verbindung mit der Meldung, der Abriss der Spielstätte sei nun besie- gelt) Fotos aufgetaucht und mir fiel er wieder ein, dieser einzigartige Tribünenbau, der mehr an ein Stellwerk denken läßt als an die Zuschauerränge einer Sportanlage. Mir war klar, daß ich diese Perle unbedingt noch ablichten muße, bevor sie dem Erdboden gleich gemacht wird. Hin da!
So, nun war ich da und sehr erfreut darüber, wie gut zugänglich und von außen einsichtbar das Stadion der Stahlwerker doch ist. Es befindet sich in direk- ter Bahnhofsnähe oberhalb einer kleinen Anhöhe. Einer der Gründe, warum im hier nicht mehr gespielt werden darf, ist wohl der die Anwohner störende Lärm. Na ja, ich hab eigentlich nur zwei Häuser gesehen, deren Bewohner als "Anwohner" in Frage kommen könnten. Die Häuser sind ähnlich marode wie das Stadion. Warum also nicht lieber die Häuser abreißen und dafür den schönen Ground wieder aufpeppeln? Es gibt in Riesa tatsächlich eine Gruppe von Leuten, die in freiwilligen Arbeitseinsätzen das Stadion instand zu halten versuchen. Es soll sogar 2017 ein Benefizspiel dort steigen. Interessant: Ein Lost Ground, der vielleicht doch noch mal einen (letzten) Auftritt bekommt?! Geiler wär´s schon!
Als Freund bizarrer Szenarien hätte ich gerne die unter der Riesaer Klosterkirche liegende Gruft besucht. Dort liegen fünfzig vor etwa 250 Jahren verblichene Mitglieder der Gemeinde bestattet. Aufgrund der dafür günstigen Luftverhältnisse sind sie mumifiziert. Besichtigungen sind zwar möglich, aber eher selten und unregelmäßig. In meinem Falle wollte der Pfarrer keine Ausnahme machen, wie er mich per mail wissen ließ.
Ich gönnte den Mumien ihre Totenruhe und nahm stattdessen die Möglichkeit wahr, auf dem Weg nach Chemnitz in Meerane einen 62 minütigen Stopp ein- zulegen. 9:43 Uhr ab Riesa -> 10:17 Uhr an Leipzig Hbf -> 11:33 Uhr an Gößnitz (am angeblich mit 608 m längsten Bahnsteig Deutschlands) -> 11:40 Uhr an Meerane.
Warum Meerane? Hatte vor Jahren mal ein Buch über die Anfänge des DDR-Fußballs gelesen und irgendwie war mir die SG Meerane, die zweimal knapp an der Ostzonenmeisterschaft vorbeischrammte, im Gedächtnis hängen geblieben. Und da laut Google-Map deren ehemaliger Ground, der Sportplatz "Roter Hügel" (später "Karl-Liebknecht-Sportplatz") noch immer unbebaut - aber brachliegend - existiert, wollte ich den unbedingt unter die Lupe nehmen.
Beim vorbereitenden Kartenstudium war mir der merkwürdige Name der Straße "An der Steilen Wand" aufgefallen, neben der der Sportplatz liegt. Als ich mich von Herrn Lorenz im Taxi vom Bahnhof zu diesem Lost Ground fahren ließ, fragte ich gleich mal nach, was es damit auf sich habe. Die Erklärung überraschte mich so ziemlich. Später konnte ich darüber sogar an einer Infotafel am Bahnhof nachlesen (s.u.). Und tatsächlich: Da fährt man so durch Meerane und biegt umme Ecke und plötzlich geht es da so irre steil den Berg hoch... "Ist ja wie in San Francisco" entfuhr es mir.
Ungefähr auf der Hälfte der "Steilen Wand" geht es links ab zur Nordstraße. Dort war der Eingang zu, also nochmal eine halbe Runde durch das Städtchen gedreht und über die Straße "Achterbahn" an den Lost Ground herangefahren. Diesmal klappte es. Der von den Gegnern gefürchtete "Rote Hügel", ein Schlackeplatz, ist längst von Gras überwachsen. Der Anblick war eher unspektakulär und Herr Lorenz hat wahrscheinlich die Augen verdreht, wie ein Aus- wärtiger (dazu noch aus dem Rheinland) nach Meerane kommen kann, nur um sich DIESEN Platz anzuschauen. Egal, ich fand´s gut!
Und da ich gerade mal da war und schon in einem Taxi saß, konnte man auch gleich noch am 2015 60 Jahre alt gewordenen Richard-Hofmann-Stadion, benannt nach dem 25-fachen Meeraner Nationalspieler, vorbeischauen.
Dann weiter auf der Schiene: 12:42 Uhr ab Meerane (erstmals in meiner langen Inter-Rail-Karriere stieg ich tagsüber als einziger Fahrgast in einen Zug ein, von S-Bahnen mal abgesehen) -> 12:51 Uhr an Glauchau -> 13:25 Uhr an Chemnitz Hbf.
Nun mußte ich etwas Gas geben, um es rechtzeitig per pedes durch den Regen bis an die Gellertstraße zu schaffen. Klappte aber.
Ground & Atmosphäre waren klasse. Die Karl-Marx-Städter gingen zweimal in Führung, was die Holsteiner zweimal ausglichen. Das Prädikat "Heimschieds-richter" konnte sich der (Un-)Parteiische bei diesem Match ganz und gar nicht verdienen. Entsprechend schrie sich der Chemnitzer Mob mit zunehmender Spieldauer in Rage. Gastro-Preise fand ich etwas teuer: 3 EUR für ne kleine Bratwurst und 2 EUR für n Kaffee, der zur Pause schon ausverkauft war. Buuhh! Aber das konnte mir ein tolles Stadionerlebnis nicht vermiesen.
Der Rückweg: 17:31 Uhr ab Chemnitz Hbf -> 18:30 Uhr an Leipzig Hbf (meine Premiere in einem Doppelstock-IC) -> 21:33 Uhr an Hannover Hbf (inzwischen war RB Leipzig erstmals in der BL-Geschichte Tabellenführer geworden... *kotz*) -> 0:30 Uhr an Köln Hbf.
Ein Tag mit 1 800 Schienenkilometern, 15 mal Aus- und/oder Umsteigen, zwei Lost Grounds, einem neuen Ground und einem unterhaltsamen Spiel war ganz nach meinem Geschmack gewesen.
13.11.16 * DJK SSV Ommerborn Sand - TuS Moitzfeld 1961 2:4 * Kreisliga Berg D7 * 14:30 Uhr * Sportplatz Sand, Bergisch Gladbach * 20 Zu- schauer * Eintritt: frei * An- und Abreise: mit dem Fahrrad
Das 0:2 für Moitzfeld war eines der schönsten Tore, daß ich je im Amateurbereich je gesehen habe: Aus etwa 40 m knallt der Schütze den Ball hoch in Richtung Tor der Sander, als sich die Kugel dann in steiler Kurve absenkt und milimetergenau zwischen Latte und Fingerspitzen des Torhüters einschlägt. Unhaltbar, sensationell!
6.11.16 * DJK TuS Hordel - FC Lennestadt 3:0 * Westfalenliga * 14:30 Uhr * Sportplatz Hordeler Heide, Bochum * 120 Zuschauer * Eintritt: 6 EUR * An- und Abreise mit Bus & Bahn zu 29,50 EUR
Spätestens seit "11freunde" in einer ihren letzten Ausgaben ein Stadionporträt mit Poster der Glück Auf-Kampfbahn in Herne-Sodingen gebracht hatten, war für mich klar, daß ich mir diesen Lost Ground (nicht zu verwechseln mit dem noch bestehenden Glück Auf-Stadion "Am Holzplatz" etwa 1 km östlich) mal an- schauen sollte. In einer Stichstraße in Nähe der Sodinger (Umgehungs-)Straße solle noch ein Stück Außenmauer stehen. Das war dann auch schnell gefun- den. Unscheinbar und ohne Hinweis auf die frühere Funktion.
Erinnerte mich an ein auf Facebook herumschwirrendes Foto einiger kleinen Stufen in einem Londoner Hinterhausgarten, die ein Rest der Tribüne des ersten Grounds des FC Arsenal sein sollen. Sehr schön!
Vermute, daß eine südlich der Sodinger Straße noch stehende Mauer ein weiteres Überbleibsel der "Aschenkippe" des SV Sodingen ist. Kommt von der Lage jedenfalls gut hin.
Die zweite Hälfte des angebrochenen Nachmittags nutzte ich zum Hoppen in der Hordeler Heide in Bochum. Nettes Stadion in einer für den Pott ziemlich untypischen Umgebung: Man könnte glauben, es hätten sich hier sämtliche Förster aus NRW ein Jagdhäuschen errichtet. Na denn, Waidmannsheil.
12.10.16 * Tallinna FC Ajax – JK Sillamäe 1:1 * U19 Esiliiga *17:00 Uhr * Ajaxi kunstmuruväljak, Tallinn * 10 Zuschauer * Eintritt: frei * An- und Abreise für drei Personen: Weeze NRN <-> Tallinn TLL mit Ryanair zu 198 EUR * Unterkunft: 7 Nächte in Daily Apartments Stockmann zu 324 EUR *
Herbstferien. Eine Woche mit den beiden Großen nach Estland.
Am ersten Tag schon die Gelegenheit, einen neuen Ground zu machen. Ließ mich nachmittags im Taxi zur Voidujooksu fahren, das liegt im russischen Teil der Stadt. Hier dominierten Plattenbauten aus den 70er und 80ern. Hinter einer Art Autowerkstatt befand sich die Vereinsanlage von Ajax: Ein Rasenplatz, einer aus Kunstrasen und vier, fünf Container, die als Umkleidekabinen u.ä. dienten. Einer der drei Fertigbautribünen-Module war auf den Nebenplatz ausgerichtet, wo ich mich unter die vom Wind zerzauste Clubfahne setzte.
Ich fand das Gebotene kurzweilig. Auf dem Platz wurde nur auf Russisch herumgebrüllt. In der 19. Minute gingen die Gäste aus Sillamäe, die im Vereinsbus die 200 km Anreise absolviert hatten, in Führung. Kurz vor dem Pausentee der Ausgleich, das war´s.
14.10.16 * Tallinna FC Infonet – Tartu JK Tammeka 1:0 * Premium liiga *19:00 * Infoneti Lasnamäe staadion, Tallinn * 150 Zuschauer * Eintritt: 5 EUR *
In der Stadt hatte ich mich mit Antti verabredet. Antii ist ein netter, gesprächiger Herr aus Tartu, den ich über Facebook kenne. Antti ist regelmäßig zu Spielen auf der Insel, in West- oder Nordeuropa unterwegs und hatte sogar mal eine Dauerkarte des AFC Wimbledon. Da er heute zufällig in Tallinn weilte, kam unser Treffen zustande.
Antti, der Schalsammler, überreichte mir denn auch als Geschenk gleich einen Tammeka-Schal . Das freute mich sehr – auch wegen der niedrigen Temper-aturen. Wir fuhren in seinem Wagen zum Stadion des Tabellenführers, das direkt an einer großen Leichtathletikhalle lag.
Der Ground bietet 200 Leuten Platz und das reicht auch vollkommen aus. Fußball zieht in Estland keine Zuschauer an. Antti meinte, Fußball spielten früher in Estland nur die Russen, die Esten dagegen Eishockey oder Basketball. Der Anteil der ethnischen Russen an der Bevölkerung Estlands liegt bei ca. 30%. Dabei sei das Verhältnis der Russen und Esten keineswegs so angespannt wie z.B. in der Ukraine. Die Mehrheit der Russen in Estland seien loyal zu ihrem (Est-)Land. Das läge auch daran, so Antti, das es dem Land wirtschaftlich recht gut gehe – anders als etwa dem Nachbarn Lettland oder der Ukraine.
Anttis Gewissen wurde heute auf eine Probe gestellt. Einerseits wünschte er Infonet einen Sieg, damit die evt. erstmals Meister würden und die Dominanz von Flora oder Levadia brechen. Andererseits sei er ja auch Fan und Sponsor seines Heimatclubs. Er betonte, das bei Tammeka nur Esten spielten, nur selten Russen. Infonet sei dagegen ein „russischer“ Verein. Ein Blick auf das Programmblatt bestätigte das. Bei Tammeka spielten zwei Jungs mit ziemlich deutschen Namen: Jürgen Lorenz und Karl Johan Pechter. Dies ist dem deutschen Einfluß im Baltikum zu verdanken, den es bis zu Beginn des 2. Weltkrieges fast 700 Jahre lang gab.
Favorit Infonet konnte zwar die Partie kontrollieren, aber Tammeka, der Drittletzte der 10er-Liga, wehrte sich nach Kräften. Schade, daß es nicht für einen Punkt für die Jungs aus Tartu reichte. Recht nervig fiel der Support einiger (Spieler- ?)Frauen aus, die öfters mal „Infonet, Infonet!!!“ plärrten. Klingt genau so, als würde man mit „Red Bull“ oder „Facebook“ anfeuern. Aber vielleicht kommt das irgendwann noch?
Etwas tatsächlich historisches hat Infonet trotz seines Namens und erst 14jährigen Bestehens geschafft: 2015 gelang im Nationalen Pokalwettbewerb ein 36:0 gegen einen unterklassigen Gegner, womit der bisherige Europa-Rekord des schottischen Clubs Arbroath FC aus dem Jahr 1885 eingestellt wurde.
15.10.16 * JK Tallinna Kalev – Tallinna FC Infonet II 3:2 * Esiliga A *13:00 Uhr * Kalevi Keskstaadion, Tallinn * Eintritt: 3 EUR * Zuschauer: 25 *
Nur wenige Gehminuten von unserem Urlaubs-Apartment lag das Zentralstadion von Kalev Tallinn. Ein netter Ground für 12 000 Besucher, der eine breite Laufbahn und über ein Marathontor verfügt, jedoch nicht über eine Überdachung. So zog es einem während des Spiels ziemlich um die Ohren. Fazit Estland: Drei neue Grounds, aber in Sachen Fankultur erwartungsgemäß Fehlanzeige.
27.7.16 * Bayer Leverkusen - FC Porto 1:1 * Freundschaft * 18:00 Uhr * Belkaw-Arena, Bergisch Gladbach * Eintritt: Stehplatz 5 EUR * Zuschauer: 3 457 * An- und Abreise: zu Fuß
Hätte Sohn Martin (4) beim Kicken auf dem Hof nicht von einer Nachbarin aufgeschnappt, daß Bayer den FC Porto im heimischen Stadion empfängt... der Kelch wäre glatt an mir vorüber gegangen. So stand ich für ihn die längste Zeit der ersten Hälfte in der Schlange für Getränke und in der Schlange für Pommes an, während Iker Casillas im Tor der Portugiesen stand. Der FC Porto hatte immerhin einen kleinen Pulk Anhänger mobilisieren können.
24.4.16 * Viktoria Manheim II - Viktoria Thorr II 3:3 * Kreisliga D * 13:00 Uhr * Toni-Wilschewski-Stadion, Kerpen-Manheim * Eintritt: nix * Zuschauer: ca. 10 * An- und Abreise: bis/von Buir mit der Bahn zu 20,40 EUR, weiter auf m Fahrrad *
Von einem Artikel im DFB Journal 01/2016 über das bald dem Braunkohletagebau weichende Dorf Manheim inspiriert, wollte ich diese merk- würdige Ortschaft selbst einmal unter die Lupe nehmen. Und tatsächlich, keine 50 Kilometer von mir daheim entfernt, schlummert eine wahre Perle der Kategorie "Geisterstadt". Doch von Anfang an...
Mangels vernünftiger Busverbindungen in der Gegend stieg ich im Bahnhof Buir in Begleitung meines neuen Fahrrades aus. Schon von weitem aus waren riesige Bagger des zum Rheinischen Braunkohlereviers gehörenden Tagebaus Hambach zu erkennen. In bis zu 370 m Tiefe wird hier seit 1978 (bis vermutlich 2040) Braunkohle ausgegraben. Für einen Kubikmeter Kohle müssen über sechs Kubikmeter Abraum beseitigt werden. Die Kohle wird in den umliegenden Kraftwerken verfeuert, um Strom zu gewinnen.
An der ersten Kreuzung rechts ging es zur Kartbahn von Michael Schumachers Vater bzw. nach Manheim. Ich wollte zunächst einen Ab- stecher in das Dorf Morschenich machen, dem das gleiche Schicksal wie Manheim bevorsteht. Nach nur ein paar Minuten war ich schon da. Vom Ortseingang konnte ich die Flutlichter des Fußballplatzes leicht erkennen.
Ein junger Mann schob ein Kreide-Wägelchen vor sich her, um die Spielfeldmarkierungen zu erneuern. In etwa drei Stunden würde hier die Zwote des Türkischen SV Düren gegen den heimischen SV Morschenich antreten. Ich half dem Jungen dabei, den Halbkreis am Strafraum hinzukriegen. Weil der Elfmeterpunkt sehr steinig war, konnte er dort seinen Pflock für die Richtschnur nicht einhämmern und ich hielt das Schnurende mit der Hand fest. Hab mich schon immer gefragt, wozu dieser komische Halbkreis überhaupt da ist...
Am Vereinsheim saßen der Platzwart und eine Frau und sahen ein paar Flüchtlingskindern beim Ballschieben zu. Auf Nachfrage erfuhr ich, daß die Saison auf jeden Fall noch auf diesem Platz an der Ludwig-Rixen-Straße zu Ende gespielt wird, evt. sogar noch die nächste. Würde davon abhängen, wann im Umsied-lungsort Morschenich-neu der neu anzulegende Platz bespielbar sei. Einziges Highlight des Platzes ist die (eine) Trainerbank. Ein optisch ziemlich überein-stimmendes Modell sah ich später in 5 km Entfernung... als Wartehäuschen an der Kirche von Manheim. Ich radelte noch kurz durch den kleinen Ort (386 Einwohner, Stand 4.1.2016), der einen noch ziemlich intakten Eindruck auf mich machte.
Ganz anders dagegen Manheim, wo ich nach etwa zwanzigminütiger Radtour eintrudelte. Hier waren die allermeisten Häuser bereits unbewohnt. Kaum ein Haus, bei dem nicht die Rolläden heruntergelassen und vor dem nicht eine kleine Grube davon zeugte, daß die unterirdische Stromleitung gekappt worden war. Von den etwa 1 500 Einwohnern dürften allenfalls noch geschätzte 200 hier leben. Ab und zu sah man parkende Autos herumstehen, doch auf den Straßen rollten nur Flüchtlingskinder auf ihren Fahrrädern herum. In einige Häuser, die noch ziemlich gut in Schuß und kaum älter als 30 Jahre alt waren, hatte man offensichtlich Familien aus den aktuellen Krisengebieten einquartiert.
Die gesamte Szenerie des Ortes wirkte einerseits interessant-skuril, aber andererseits auch irgendwie bedrückend. Nach über 1 000 Jahren Siedlungs-geschichte werden spätestens 2022 die Riesenbagger den Ort abtragen.
Und mit Manheim wird auch - und da beginnt es für den Groundhopper interessant zu werden - die Spielstätte des FC Viktoria 1919 verschwinden. "Lost Grounds" hab ich ja schon einige in meiner Sammlung, aber bisher noch keinen, der demnächst auf eine so unumkehrbare, radikale Art ausgelöscht werden wird, wie (in diesem Falle) das Toni-Wilschewski-Stadion.
Und es braucht kaum zu verwundern, daß der Fußballplatz der einzige Flecken in Manheim war, der noch Normalität ausstrahlte. Dutzende Autos parkten vor dem Vereinsheim: Die Spieler der ersten Mannschaften aus Manheim und Thorr waren schon angereist. Mir reichte es, dem Kick der Reserve zuzuschauen. Die Jungs hatten wohl alle ne nette Plauze und der Schiri dürfte einen höheren BMI haben als ich. Das stimmte versöhnlich, auch wenn ich jetzt mal ne Stadionbratwurst gewünscht hätte. Denke, im ganzen Ort gab es keine Gelegenheit mehr, auch nur noch n Kaugummi zu kaufen.
Das Spielchen fand ich, insbesondere wegen der Unterklassigkeit, ganz unterhaltsam. Höhepunkt war ein Getümmel im Strafraum von Thorr in der 93. Spielminute, als ein Manheimer (absichtlich ?) mit voller Wucht einen Gegenspieler anschoß und von dem der Ball zum Ausgleich ins Netz flog.
Direkt hinter dem Sportplatz von Viktoria führte eine Straße (über den stillgelegten Teil der alten Autobahn A4) die noch verbliebenden 500 Meter bis zum Grubenrand. Ich wollte mal in das Loch reingucken. Ich voRWEg, war schon bald ein massiger Geländewagen auf meiner Fährte und fing mich kurz vor dem Ziel ab. "Firmengelände RWE" meinte die Tante am Steuer sehr bestimmt und ihr grimmig dreinsehender Beifahrer bestärkte mein Gefühl, daß hier kein Ver- handlungsspielraum bestehen würde.
War trotzdem ein schöner Sonntagsausflug! Manheim gemacht, Morschenich geplant!
6.4.16 * RFC Liége - KFCO Beerschot-Wilrijk 1:0 * 3. Liga * 20:30 Uhr * Stade Rue de la Tonne, Lüttich * Eintritt: 10 EUR für n Stehplatz * Zuschauer: ca. 3 000 * An- und Abreise: als Beifahrter von Edvin von/bis Köln-Longerich zu 10 EUR
Endlich konnte das Spiel der großen Rivalen von der Division 3, Gruppe B (im dritten oder gar vierten Anlauf ?) über die Bühne gehen. Beer- schot waren nur 150 Karten zugeteilt worden, so daß deren Anhang keinen stimmungsvollen Support zustande bringen konnte. Großer Polizeieinsatz, aber (nach meiner Einschätzung) keine Ausschreitungen. Aus dem Block von Lüttich flog das ein oder andere Pyrozeugs auf den Rasen oder verqualmte auf den Rängen. Die Stimmung war wirklich ziemlich klasse! Die Gäste aus Antwerpen spielten besser, trafen mehrfach Pfosten oder Latte. Dennoch holte sich der RFC durch einen Treffer Mitte der zweiten Hälfte den vielumjubelten Sieg. Die mobile Anzeigetafel spielte darauf ein wenig verrückt (siehe unten). Zum Schluß verabschiedete sich der lautsstarke Lütticher Block die Beerschoter mit "Auf Wiedersehen" auf die Rückreise. Kam gut!
23.3.16 * RFC Liége - KFCO Beerschot-Wilrijk * 3. Liga * 20:30 Uhr * Stade Rue de la Tonne, Lüttich * Eintritt: 10 EUR *
Spielabsage wegen der Terroranschläge in Brüssel am Vortag.
19.3.16 * Racing Club Mechelen - Torhout 1922 KM 2:0 * 3. Liga * 20:00 Uhr * Oskar Vankesbeeckstadion, Mechelen * Eintritt: Haupttribüne Mitte zu 15 EUR * Zuschauer: 600 * Anreise: mit Megabus Köln -> Antwerpen zu 1 EUR, Antwerpen Centraal -> Mechelen-Nekkerspoel und zurück zu 5 EUR * Übernachtung: Hotel Antwerp Billard Palace* zu 50,50 EUR *
Megabus ist inzwischen zu meinem bevorzugten Transportmittel nach Brüssel (und darüber hinaus) geworden. Zuverlässig und preiswert. Nach Ankunft in Antwerpen-Berchem warf ich meine Sachen ins Hotel am Bahnhof und fuhr mit dem Zug nach Mechelen. Erstes Ziel war das Stadion des KV Mechelen. Konnte dort im Innern problemlos Fotos machen. Die alte Haupttribüne steht noch, doch die Gegentribüne ist einem schwungvollen Neubau gewichen, er auch noch die Lücke hinter dem Tor schließen wird. Die Bauarbeiten waren in vollem Gange. Unterhalb der Sitzreihen zieht sich ein Stehplatzbereich an der Außenlinie entlang. Kann mich erinnern, dort vor zig Jahren mit LEV-Karsten bei einem Spiel gestanden zu haben. Statt Achter de Kazerne könnte es auch Achter de Friedhof heißen. Um die Friedhofsmauern auf der Rückseite des Grounds vor Wildpinklern zu schützen, hat man dort Urinal-Elemente aufgestellt, die einen krassen Kontrast zu den über die Mauer hinweg erkennbaren Grabkreuzen darstellen.
Unweit des KV Mechelen hat der Rivale Racing seine Spielstätte. Zu Fuß in einer knappen Viertelstunde zu erreichen. Welch ein geiler Ground, anno 1948. Tribüne mit riesiger Dachkonstruktion, dazu von drei Seiten mit flachen Stehrängen umsäumt. Vermutlich seit 20 Jahren ohne die kleinste Renovierungs-maßnahme. Dazu an der Straßenseite ein unverhältnismäßig hoher und dicht am Stadion stehender, ebenfalls schon bröckelnder Gebäudeklotz (Senioren-residenz ?) mit herrlichem Blick über das Stadion. Wohl dem, dessen Oma hier wohnt. Ich würde vermutlich keinen ihrer Geburtstage verpassen. Das Oskar Vankesbeeckstadion ist ein Muß für jeden Hopper und war der hauptsächliche Anlaß für diese meine Wochenendtour.
Nach einer ausgiebigen Fotosession machte ich einen Abstecher in die kleine aber feine Innenstadt von Mechelen, um mich in einem Burgerladen zu stärken. Nein, es war nicht McDonalds. Übrigens: Der Satz in einem Spielbericht "...anschließend ging es zu McDonalds..." ist die Todsünde schlechthin, die ein Zine- Schreiber bzw. Blogger begehen kann. Mein Burger hieß also nicht Royal TS, sondern Bollywood Delight und kostete happige 11 EUR. Sündhaft, aber gut!
Zurück am und im Stadion informierte ich mich auf der Tribüne dank Free-Wifi erst mal über die Tabellensituation der beiden am Spiel beteiligten Clubs. Ach Du Kacke: Racing war Letzter und hatte in 28 Spielen satte 20 Niederlagen kassiert und überhaupt erst zweimal in dieser Saison gewonnen. Und Torhout stand im classement nur um zwei, drei Plätze besser dar. Also spielte hier und heute Not gegen Elend.
Vom Anstoßkreis weg rannte Racing duracellhasenmäßig unaufhaltsam auf des Gegners Tor und gleich der erste Angriff wurde mit der 1:0- Führung belohnt. Um mich herum sprang die ganze Tribüne auf und jubelte wie jeck. Der Wahnsinn! Na ja, fast die ganze Tribüne... Denn vor mir saß ein offensichtlich einge-spieltes, altes Ehepaar. Die Frau lenkte behäbig eine HD-Kamera hinter dem Spielgeschehen her und der Mann malte Aufstellungen und ähnliches Zeugs in Schulheftchen, ohne auch nur mal gelegentlich auf den Rasen zu gucken. Vermute, die beiden schauten sich das Spiel lieber später daheim im Wohnzimmer an.
Nicht nur der Ground ist "Old School", sondern auch seine fanatischen Fans. In der obersten Ecke der Tribüne standen etwa 30 Leute, die Racing lautstark supporteten! Aber, wie schön, keine Ultras darunter! Das ganze Repertoire auf Engisch: "We loves you Racing, we do...", "When the Saints go marching in..." oder "We will follow Racing, over land and sea...". Ich fühlte mich in ein Stadion in England Anfang der 90er Jahre zurückversetzt. Passend dazu auch all die aufgehängten Fahnen und Banner. Ab und an wurde was mit "Hooligans" gegröhlt. Wann hat man das zuletzt in einem deutschen Stadion gehört?! Ich befand mich wahrlich auf einer Zeitreise.
Das Spiel pendelte zwischen Genie und Wahnsinn. Meist ware die Aktionen auf dem Rasen wahnsinnig schlecht und die wenigen gelungenen Spielzüge glichen Geniestreichen. So auch ein sauberer Konter von Racing, der in der 65. Minute für das 2:0 sorgte. Wieder explodierte die Tribüne und es folgte ein Dauersupport bis zum Abpfiff in Minute 94. Dann grenzenloser Jubel! Mannschaft und Fans führten sich auf, als Spieler wollten gar nicht mehr vom Rasen herunter. Clubfotograf Glen Deckers ließ die Sieger vor der Tribüne posieren und im Hintergrund sammelten sich die frenetisch abgehenden Supporter und brüllten ihre Begeisterung aus sich heraus. Und dabei blieb Racing trotz der drei gewonnenen Punkte auf dem letzten Tabellenplatz kleben. Egal, die Siegesfeier wurde im Stadionpub unter der Tribüne fotgesetzt (aber nun ohne mich).
Ich erlebte in Mechelen einen Abend, an den ich noch lange zurückdenken werde! Racing hatte mein Herz berührt!
20.3.16 * Koninklijk Berchem Sport - RFC Liége 1:1 * 3. Liga * 15:00 Uhr * Ludo Coeckstadion, Antwerpen * Eintritt: 15 EUR * Zuschauer: 600 * Abreise: Antwerpen -> Köln wieder mit Megabus zu 1 EUR *
Den Vormittag verbrachte ich mit Sightseeing und einem guten Frühstück. War bis dato noch nie in der Antwerpener Innenstadt gewesen. Gefiel mir, lohnt sich wieder her zu kommen!
Über den Bahnhof Mortsel-Deurnesteenweg erreichte ich schon früh das Stadion von Berchem Sport. Mußte noch warten, bis endlich mal eine Kasse besetzt wurde. Bis kurz vor dem Anpfiff lümmelte ich mich in der Stadionkneipe herum. Hätte mir gerne im Fan-Shop einen Wimpel gekauft, doch der Opa konnte mir (trotz vierfachens Durchgehen sämtlicher Preislisten) nicht sagen, was das Ding kosten sollte. Später lief er mir einen halben Kilometer hinterher, um mitzu-teilen: 12,50 EUR. A bisserl teuer, gell?! Fand der Opa auch. Bin sicher, Opa hat sich geirrt.
Das Ludo Coeck ist wahrlich schon in die Tage gekommen. Schöner Ground, vor allem wegen seiner unverwechselbaren Wellenbrecher. Abzüge gibt es nur für den Untergrund der Haupttribüne: Schepperndes Riffelblech.
Im Gästeblock befanden sich etwa 200 Leute, die von reichlich Polizei in Schach gehalten wurden. Mir schien das eher nach einem geselligen Betriebsausflug auszusehen als denn nach einem gewalttätigen Mob. Weil einer der Busse aus Lüttich Verspätung hatte, wurde das Spiel mit einer Verzögerung von knapp zehn Minuten angepfiffen. Das passte mir gar nicht, weil ich wegen der frühen Abfahrtszeit meines Busses von Berchem um 16:40 Uhr ohnehin schon nicht bis zum Schluß bleiben konnte.
Weder vom Geschehen auf dem Rasen noch fantechnisch konnte der Kick heute an die Nacht von Mechelen heranreichen. Macht aber nichts. Bin ja Ground-hopper und kein Eventreisender. Somit hab ich derzeit alle mir interessant erscheinenden Grounds in Belgien gemacht.
12.3.16 * RFC Union La Calamine - Royal Sprimont Comblain-Sport 0:1 * 3. Liga * 15:30 Uhr * Stadion Prinz Philippe, Kelmis * Eintritt: 10 EUR * Zuschauer: 200 * An- und Abreise: Köln -> Tongeren mit Sparpreis Belgien zu 19 EUR, Tongeren -> Lüttich -> Kelmis -> Aachen mit Euregio-Ticket zu 18,50 EUR, Aachen -> Köln zu 11,80 (alles mit der Bus & Bahn) *
Ich traf mich Samstag vormittag mit meinem Kumpel Chris aus Hasselt am Bahnhof von Tongeren. Gemeinsam wollten wir den „Lost Ground“ von Cercle Tongeren spotten. Aus dem Netz wußten wir, daß auf dem Rasen gelegentlich Pferde weiden und daß die Tribüne so ziemlich dem Zerfall preisgegeben ist. Also hin, bevor das Teil endgültig zusammenbricht oder gar ganz abgeräumt wird. Chris meinte, er hätte in seiner Kindheit dort selbst mal gespielt. Das kann gut sein, denn nach der Fusion von Cercle mit Patria zu KSK Tongeren im Jahre 1969 nutzten nur noch Jugendmannschaften das Feld. Wann er jedoch endgültig aufgegeben wurde, weiß ich nicht.
Der Ground liegt direkt am Bahnhof hinter dem Parkplatz eines Supermarktes. Um die Betonmauer komfortabel übersteigen zu können, zerrten wir uns eine Holzpalette heran. Der Platz, die Tribüne und die Flutlichtmasten lagen in dichtem Nebel. Einfach nur toll! Wieviele Gleichgesinnte, die Interesse an ver- lassenen Stadien oder abandoned places haben, mögen hier schon herumgewieselt sein? In das Dach der Tribüne ist auf einer Seite ein Baum gekippt. Sitzbänke fehlen völlig und die mit Werbung versehene Rückwand steht nur noch unvollständig. Über der Tribüne hängt das ziemlich verrostete, kaum noch leserliche Schild „KSK Tongeren“. In den Unterbau traute ich mir gar nicht erst rein. Nicht nur wegen der Einsturzgefahr. Nein, weil wir hier in Belgien waren! Wer weiß, was man dort lebendes oder totes hätte finden können…! Nach etwa zwanzig Minuten zogen wir mit reichlich Fotos ab und trockneten unsere nassen Füße im Bahnhofscafé. Mission erfolgreich!
Auf der Rückfahrt machte ich einen Zwischenstopp in Lüttich, um mir für das avisierte Match des Royal FC Liége gegen Beerschot am 23. März einige Tickets zu sichern. Zuerst war das Spiel auf den 12. März angesetzt gewesen, doch der Bürgermeister von Lüttich drängte auf eine Verlegung unter der Woche, da sonst die Sicherheit nicht zu gewährleisten sei. Man befürchtet(e) Ausschreitungen zwischen beiden Fanlagern. Erst einen Monat zuvor hatten Anhänger von Beerschot das Supporter Café Great Old vom Rivalen Royal Antwerpen mit Ziegelsteinen attakiert.
Im Stadion startete gerade ein Jugendturnier, daß ich mir für 3 EUR hätte ansehen können. Knirpse zählen nicht! So schaute ich mich nach dem Fan-Shop um, in dem zwischen 12 und 17 Uhr der Vorverkauf laufen sollte. Ich fand ihn und konnte vier Karten eintüten. "Good atmosphere!" würde mich erwarten, meinte der junge Mann im Container. Na, das will ich auch hoffen!
Weiter ging die Rückreise in Nahverkehrszügen bis nach Hergenrath, der letzten Bahnstation Belgiens vor Aachen im deutschsprachigen Teil des Landes. Einen Steinwurf entfernt von Hergenrath liegt Kelmis (früher: Altenberg), wo das einzige Nachmittagsspiel der Gegend stattfand. Von dem Kaff hatte ich bis vor einem Tag noch nie was gehört. Egal, hin da - zu Fuß und mit dem Bus. Pünktlich zum Anstoß trudelte ich ein.
Das Spiel war mäßig unterhaltsam und ich pendelte zwischen den beiden aneinander gebauten Clubhäusern und ihren Theken (hier: Kaffee - dort: kalte Softdrinks) hin und her. Das Tor des Tages in der 52. Minute hab ich so natürlich verpaßt. Der Stadionsprecher verkündete Auswechselungen für Kelmis in Deutsch, für die Gäste in Französisch. Nach dem Abpfiff verduftete ich mit dem ersten Bus nach Aachen.
5.3.16 * KV Oostende – Charleroi Sporting Club 2:1 * 1. Liga * 20:00 Uhr * Stadion Schiervelde, Roeselare * Eintritt: 20 EUR für einen Sitzplatz hinter dem Tor * Zuschauer: 5 500 * Anreise: Köln -> Brüssel mit Megabus zu 9,50 EUR, Brüssel -> Roeselare (und zurück) mit der Bahn zu 16,80 EUR * Übernachtung: Hotel De Bonte Os & Tower** UmF zu 75 EUR
Für die vermasselte Tour nach Montenegro mußte Ersatz her. Also Belgien! Die Stadt Oostende schien mir reizvoll. Beim Buchungsvorgang für ein Ticket fiel mir auf, daß der KV gar nicht in Oostende spielte, sondern in Roeselare. Es hätte gut ins Wochenende gepaßt, wenn ich samstags in Oostende vor einer abgerissenen Tribüne gestanden und mich gewundert hätte, warum hier kein Flutlicht an ist. Also Roeselare! Grund für das 50 km weite Ausweichmanöver des KV: Das Albertparkstadion erhält eine neue Haupttribüne und wird erst in der neuen Saison wieder seine Tore öffnen.
In Roeselare, im Herzen Westflanderns gelegen, empfing mich strömender Regen. Vom Hotel aus latschte ich vom Stadtzentrum in Richtung Stadion. Keine Sau unterwegs, von den Einheimischen interessierte das Match niemanden. Zuerst landete ich im Gästebereich, wo mich ein Fanbetreuer von Charleroi begrüßte. Hier war ich falsch. Hatte auch nicht die geringste Lust, den kalten Abend ohne Dach auf Stehrängen zu verbringen und durchzuweichen. Die Hardcore-Zeiten sind vorbei!
Nachdem ich meine georderte Eintrittskarte abgeholt hatte, zwängte ich mich in den proppevollen Stadionpub. Hier war gute Stimmung. Ein Heimspiel aus- wärts hat man ja auch nicht alle Tage - und es war das erste eines solchen für Oostende.
Der KV Oostende war Vierter in der Tabelle im Lande des führenden Verbandes im FIFA-Ranking. Eine hochklassige Partie bekam man dennoch nicht gebo- ten, logisch! Das merkwürdige Maskottchen des KV (Pirat mit Kopftuch) fremdelte zu Beginn, stapfte von einem Bein auf´s andere. Wohler fühlten sich die Ultras von Charleroi: Die legten im Gästeblock eine Pryoshow ein und warfen Bengalos auf den Rasen.
In Hälfte 2, das Maskottchen hatte inzwischen seinen Kopf gewechselt und trug zu seiner schrägen Grimasse eine Piratenmütze, gelang Charleroi über- raschend die Führung. Doch unter dem gutem Support seiner Anhänger drehte der KV das Spiel noch durch zwei Tore eines Elfenbeinküstlers, das letzte in der 84. Minute per Elfmeter. Fazit: Mäßiges Spiel, leckere Bratwurst und ein unterhaltsames Stadionerlebnis. Montenegro hatte ich fast schon vergessen…
6.3.16 * Royale Union Saint Gilloise - KVV Coxyde 0:0 * 2. Division * 15:00 Uhr * Stade Joseph Marien, Brüssel * Eintritt: 15 EUR für Haupttribüne Mitte * Zuschauer: 1 865 * Abreise: Brüssel -> Köln mit Eurolines zu 15 EUR
Am nächsten Morgen machte ich mich gleich nach dem Frühstück auf, um nach Brüssel zurückzurailen. Schon länger wollte ich mal in den Süden der Stadt, wo in Ukkel das Stade Vivier d Oie liegt bzw. lag. Heute bot sich eine gute Gelegenheit dazu. Mit der Tram fuhr ich bis zur Endhaltestelle Fort Jaco und von dort war es nur noch ein Katzensprung bis zur Avenue du Racing.
Dort wird man von einem repräsentativen, alten Beton-Torbogen empfangen, der die Aufschrift „Royale Racing Club Bruxelles“ trägt. Dahinter befindet sich das Gelände des gleichnamigen Vereins und… die wohl älteste noch bestehende Fußballtribüne Belgiens. 1903 wurde sie gebaut – und nicht etwa aus Holz. Nein, es war eine der ersten überdachten Stahlbetontribünen in Europa überhaupt. 1904 wurde hier vor 1 500 Zuschauern das erste Länderspiel zwischen Belgien und Frankreich ausgetragen, es endete 3:3. Heute kann man von der voll intakten Tribüne nur noch Feldhockey anschauen. Die Fußballer des Clubs (zwischen 1897 und 1908 sechs Mal belgischer Meister) sind nach dem Zweiten Weltkrieg ins Drei-Linden-Stadion umgezogen und nach mehreren Fusionen nicht mehr mit Racing (Stammnummer 6 !) verbunden. Aktueller Nachfolgeverein ist der FC Brüssel. Da gerade eine Partie Hockey lief, ließ ich es mir nicht nehmen, den Akteuren auf dem Kunstrasen zuzuschauen und ein wenig von der Magie dieses besonderen Ortes aufzunehmen.
Anschließend fuhr ich zurück zum Bahnhof Midi und von dort aus zum Stade Jospeh Marien von Union Saint Gilloise (Stammnummer 10!). Den Ground hatte ich schon mal gespottet, doch gehoppt ist natürlich besser.
Beim Betreten der Haupttribüne hatte ich das Gefühl, ich würde in ein Museum eintreten: Die Wände weiß getüncht, die Metallpfeiler und Treppengeländer strahlten in frischem Blau und rechts und links zwei Gedenksteine, davon eine dem Namensgeber des Stadions gewidmet. Einzigartig!
Von der Tribüne aus fiel mir direkt ins Auge, daß der Ground früher einmal eine deutlich größere Zuschauerkapazität gehabt haben muß, denn rechts und links der Gegentribüne sind, trotz des Bewuchses durch Birken und Sträucher, noch deutlich weitere Stehränge zu erkennen. Von der Nordsee war der Tabellenletzte KVV Coxyde angereist. Anhänger: Fehlanzeige! Auch von Union hätte ich etwas mehr als die 1 865 Supporter erwartet. Der Kick war nichts besonderes, was vor allem an Union lag. Zum Schluß kam ein torloses Remis heraus.
Für die Heimfahrt hatte ich diesmal einen Platz im Bus bei Eurotouring gebucht. Die hatte alles, was ich an Busreisen hasse: Voll bis auf den letzten Platz, internationales Publikum mit geruchsintensiven Mahlzeiten in Tupperware oder Alufolie und einen schnarchenden Sitznachbarn mit einem zwei Meter breiten Rücken. Nie mehr Eurotouring! Beim nächsten Mal nehme ich den hoffentlich leeren Megabus.
5.3.2016 * Budućnost Podgorica - FK Lovćen Cetinje x:x * Prva Liga (1. Liga) * 14:30 Uhr * Stadion Pod Goricom, Podgorica * Zuschauer: x * Eintritt: x * Hin- und Rückfahrt: Köln -> Charleroi mit der Bahn zu 29 EUR, Flug mit Ryanair: Charleroi CRL -> Podgorica TGD und retour zu 46,90 EUR * Brüssel -> Köln mit Megabus zu 1,50 EUR * drei Nächte im Hotel Ambassador****, Podgorica zu 86,12 EUR
Zu einer echten Hopperkarriere gehört auch mal so richtig ein Totalausfall. Den hab ich am 4. März 2016 kassiert, der zu meinem persönlichen „Black Friday“ geworden ist.
Die Katastrophe ist schnell erzählt: Ich stehe am Kölner Hbf, warte auf den ICE 18 nach Brüssel. Mein Reiseplan: Ankunft in Charleroi Sud um 10:36 Uhr, Schließung Flugsteig am Flughafen 12:45 Uhr. Die Abfahrt von ICE 18 ist für 7:43 Uhr geplant, verzögert sich aber um 20 Minuten. Bei der nächsten Durch- sage sind es schon 40 min Verspätung. Ich fummle an meinem Handy herum, will eine Nummer speichern, die ich später noch brauchen würde und sehe aus einem Augenwinkel heraus einen ICE auf Gleis 7 einfahren. Schnell reingesprungen! Als ich sitze und auf die Anzeige im Waggon schaue, lese ich irgendwas von Dortmund und München. Ich springe auf, aber der Zug rollt schon los. Ich ahne schon, was diese Sekunde der Unachtsamkeit bedeutet: Goodbye Länderpunkt Montenegro! Trotzdem versuche ich alles, um die Tour zu retten: In Bonn ausgestiegen, renne ich zum Taxistand. Wie lange braucht man bis Aachen? „Anderthalb Stunden!“ Ich muß es in knapp 45 min schaffen. „Ich kann auch schneller fahren!“ grinst der Taxifahrer . Klar, dann bezahle ich 200 EUR und krieg den Zug doch nicht. Fahre sofort wieder nach Köln zurück. Der ICE 18 hatte letztendlich eine Verspätung einer Stunde. Hätte er stattdessen 80 min gehabt, hätte ich ihn sogar noch kriegen können… Springe in ein Internet-Café am Hbf und checke alle heutigen One-way-Flüge nach Podgorica oder Belgrad (und dann mit dem Nachtzug weiter). Nix zu machen. Man kommt einfacher auf den Mond als nach Montenegro. Ich geb´s auf. Scheiße…!
27.2.2016 * SV Röchling Völklingen - SpvvG EGC Wirges 3:1 * Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar * 15:30 Uhr * Hermann-Neuberger-Stadion, Völklingen * Zuschauer: 100 * Eintritt: 7 EUR * Hinfahrt: Leverkusen -> Saarbrücken zu 15 EUR mit Flixbus * Übernachtung: Ibis Budget* Saarbrücken-Ost ÜmF zu 46,50 EUR *
Einmal "auf den Bus gekommen", ging es an diesem Wochenende statt auf die Schiene wieder auf die Straße. War billiger und vor allem auch schneller. Um 10.40 Uhr in Saarbrücken angekommen, pilgerte ich umgehend zum Ludwigsparkstadion. Es bot sich für mich die letzte Gelegenheit, diesen Ground foto- grafisch festzuhalten (gehoppt wurde er bereits 1990). Die ersten Bauarbeiten hatten bereits begonnen und sollen bis Mitte 2018 andauern. Dann wird sich der Ludwigspark von einem weiten Rund mit Laufbahn in ein eckiges, reines Fußballstadion verwandelt haben.
Am Bahnhof wollte ich meinen Rucksack wegschließen, als mir neben mir ein Mann auffiel, der irgendwie nicht ganz bei sich war. Ich fragte, ob ich helfen könne. Sollte ich. Der Mann hatte Geld in ein Schließfach eingeworfen, bekam aber den Schlüssel nicht raus. Logisch, denn er hatte statt 2,50 EUR nur einsfuffzich reingesteckt und das in Münzen kleiner 50 Cent, die der Automat nicht akzeptiert. Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß er gerade versuche, ein leeres Schließfach anzumieten. Darauf hin öffnete er das Fach daneben und ich staunte nicht schlecht... da lagen bestimmt 300 oder mehr Münzen drin, allesamt 20 Cent oder kleiner. Nicht in einer Tüte, einfach so... Da ich ihm keine 2,50 EUR wechseln konnte und ich es eilig hatte, den Zug nach Neunkirchen zu erwischen, mußte ich den Mann seinem Schicksal überlassen.
In Neunkirchen hatte ich geplant, mir eine Eintrittskarte für Borussia - FSV Salmrohr zu kaufen, im Ellenfeld-Stadion Fotos zu machen und pünktlich zum Anstoß um 14:30 Uhr abzuhauen, um rechtzeitig zum Spiel nach Völklingen zu gelangen. Ziemlich bescheuert! Doch soweit kam es zum Glück nicht, denn das Heimspiel von Neunkirchen wurde kurzfristig auf einen Nebenplatz verlegt und bei einer Stadionumrundung fand sich ein offenstehendes Tor und ich war drin.
Eine Stunde später kam ich pünktlich zum Anpfiff in Völklingen am Neuberger-Stadion an. Der Ground wird gerade aufgerüstet für die Ausweich-Heimspiele des 1. FC Saarbrücken. Vollverzinkte Wellenbrecher, mit denen man den Vorstoß der Roten Armee 1945 hätte stoppen können, sind in den Stehrängen verankert. Kurz nach der Halbzeit fiel das 1:0, nach krassen Torwartfehlern auf beiden Seiten stand es 2:1, ehe in der 87. Minute das 3:1 und somit die Entscheidung für Röchling fiel. Auf den Rängen mangelte es an jeglichem Support, auf dem Rasen gab es dagegen reichlich Treterei und Geschrei.
28.2.2016 * SV Saar 05 Saarbrücken Jugend II - FC Neuweiler 6:0 * Landesliga Süd, Saarland * 14:30 Uhr * Nebenplatz Stadion Kieselhumes, Saarbrücken * Zuschauer: 40 * Eintritt: 3 EUR * Rückfahrt: Saarbrücken -> Leverkusen zu 18,50 EUR mit Flixbus *
Den Vormittag nutzte ich mit einem Besuch des Weltkulturerbes Völklinger Hütte. Sehr empfehlenswert! Anschließend pilgerte ich zum Stadion Kieselhumes. Hier trug die Nationalmannschaft des Saarlandes in den Jahren 1950, 1951 und 1952 jeweils ein Freundschaftsspiel aus. Meine Partie fand jedoch nur auf dem Nebenplatz statt. Oberhalb des Hanges stand ein Würstenwagen namens "Torhunger". Das nahm Saar 05 wörtlich und führte zur Halbzeit schon mit 5:0. Die Gäste hatten weder ne Torchance noch brachten sie einen einzigen Torschuß zustande. Der Keeper von Neuweiler dirigierte schreiend bei jedem Freistoß für Saar 05 in der Nähe des Sechzehners: "Fünf Mann bilden eine Mauer, der Größte rechts [bzw. links]". Nach dem vierten Freistoß konnte ich schon mitsingen.
21.2.2016 * Crossing Schaerbeek - Union Levenjoel 3:0 * 1. Prov. Brabant * 15:00 Uhr * Stade du Crossing, Brüssel * Zuschauer: 70 * Eintritt: 8 EUR * Hin- und Rückfahrt mit Megabus zu (jaa!) 2,50 EUR *
Für Busfahrten konnte ich mich noch nie begeistern. Vermutlich liegt das an traumatischen Erlebnissen in der Jugend. Aber wenn man für nur 2,50 EUR von Köln nach Brüssel und zurück gebracht wird und die Ankunfts- und Abfahrzeiten hervorragend zu den Anstoßzeiten von nachmittäglichen Fußballspielen passen, dann war mir das einen Versuch wert.
Pünktlich setzte sich der fast leere Bus vom Kölner Flughafen aus in Bewegung und erreichte Brüssel Nord lt. Fahrplan eine halbe Stunde zu früh. Der Fahrer war freundlich, der Bus tip top (nur das WC nutze mann höchstens als Pissoir) und der Schlaf unterwegs geruhsam. Megageil!
Ich holte mir für 7,50 EUR eine Tageskarte für den Brüsseler ÖPNV und machte mich auf den Weg in den Süden, um mir das Stade des 3 Tilleuls ("Drei-Lin- den-Stadion") anzuschauen. Was für ein herrlicher Ground: Ein weites Rund moosbewachsender kleiner Stufen, deren Harmonie nicht einmal (mehr) durch Wellenbrecher oder Aufgänge gestört wird. Dazu eine betagte Tribüne. Ein sehr schöner Ort zum Verweilen für den Kenner und Liebhaber alter Fußballplätze.
Anschließend ging es quer durch die Stadt zum Stade du Crossing, das 2012 neu eröffnet wurde. Im Netz findet man leicht Fotos, wie der Ground in den Jahren vor der Renovierung ausgesehen hat. Total Old School, aber eben völlig heruntergekommen. Große Planen über den Sitzbänken der Tribüne wirkten auf mich wie Leichentücher. Nun aber ist das Stadion wiederbelebt und es gefiel mir sehr. Es sind zwei Tribünen geblieben, von der die eine sehr passend voll verglast ist. In der anderen, hinter einem der Tore, ist eine Loge und - Herz & Seele des Komplexes - das Clubhaus untergebracht.
Am Eingang der Kneipe war auch der einzige Zugang zum Stadion. Der Wirt himself verkaufte Eintrittskarten. An einem langen Tisch nebenan saßen etwas steif drei Leute des Jeton-Kommittees, für die es am Tresen entweder Cola, Bier oder auf der Tribüne Hamburger oder Pommes gab.
Ich verbrachte einen geruhsamen Nachmittag in der belgischen Hauptstadt. Eine Halbzeit saß ich trotz stürmischer Böen auf der Tribüne, danach pendelte ich zwischen dem Live-Spiel Ostende - Gent auf den Bildschirmen im Clubhaus und dem Geschehen auf dem Kunstrasen vor Ort hin und her. Und Megabus? Der für die Rückfahrt hatte reichlich Verspätung, mußte sich durch ein chaotisches Reisebusszenario am Bahnhof wuseln und traf dennoch pünktlich in Kölle ein. Kann man wiederholen, so ne Tour!
20.2.2016 * DJK Eintracht Dorstfeld - SV Urania Lütgendortmund II 11:2 * Kreisliga B * 17:00 Uhr * Sportplatz Am Wasserfall, Dortmund * Zuschauer: 30 * Eintritt: 2 EUR * Hin: umsonst, Rückfahrt mit der Bahn zu 15,15 EUR
Bei der Ankunft in Dorstfeld fühlte ich mich zunächst noch nach Köln-Chorweiler versetzt: Trister Bahnhof, Müll und Hochhäuser. Doch der zweite Blick bestätigte, daß man sich am Rande einer Bergarbeitersiedlung befand. Auf dem kurzen Weg zum Sportplatz kam ich denn auch an einem Eingangsgebäude der ehemaligen Zeche Dorstfeld II/III vorbei, die bis 1963 in Betrieb war.
Das Match auf Kunstrasen ging gleich munter los. Schon nach wenigen Minuten hatte Dorstfeld dreimal beim Gegner eingenetzt. Trotz bisher 869 gesehener Spiele bin ich bisher nicht gerade mit torreichen Begegnungen gesegnet worden. Acht oder mehr Tore pro Spiel hab ich nur selten gesehen. Diesmal wurde es für mich gar historisch: 13 Tore in einem Pflichtspiel hatte ich nie! Dabei waren Dorstfeld und Lütgendortmund in ihrer Liga fast Tabellennachbarn im Mittelfeld, so daß ein solches Resultat nicht zu erwarten gewesen war. In der Pause verdrückte ich mich vor den stürmischen Regenschauern in die kleine Vereinskneipe. Wenn man hier den BVB auf Sky gucken will, kostet das 3 EUR und somit mehr, als ein Match der heimischen ersten Mannschaft. Verkehrte Kommerzwelt!
10.2.2016 * VfL Bochum - Bayern München 0:3 * DFB-Pokal, Viertelfinale * 20:30 Uhr * Ruhrstadion, Bochum * Zuschauer: 28 000 (ausverkauft) * Eintritt: 37 EUR Sitzplatz * Anreise mit dem Zug: 5 EUR * Rückreise mit dem Auto: 5 EUR *
6.2.2016 * Bayer Leverkusen - Bayern München 0:0 * Bundesliga * 18:30 Uhr * BayArena, Leverkusen * Zuschauer: 30 210 (ausverkauft) * Ein- tritt: 32 EUR * Anreise: mit dem Bus zu 2,40 EUR *
Mit Hütte vollknallen wurde weder bei dem einen noch bei dem anderes was. Bayern hatte zum Ende die besseren Chancen, doch die wurden zum Teil kläg- lich vergeben. [raderdoll = völlig verrückt]
30.01.2016 * Crystal Palace - Stoke City 1:0 * FA-Cup, 4. Runde * 15:00 Uhr * Selhurst Park, London * Zuschauer: 17 067 * Eintritt: 15 Pfund * An- und Abreise für 2 Personen: CGN -> STN und retour zu 112,15 EUR, Flughafentransfers zu 23,66 EUR * zwei Übernachtungen im 49@Milton Avenue** zu je 50 EUR *
Das Wochenende auf der Insel war mein Weihnachtsgeschenk an meine Tochter Pia. Nichtsdestotrotz mußte natürlich ein Fußballspiel in das Programm eingeflochten werden. Eigentlich wollte ich den Ground von Tooting & Mitchham Utd. machen und mich dabei mit Stephen Carpenter treffen, der für den netten blog "The Chicken Balti Chronicles" verantwortlich zeichnet. Doch da sein zweiter Lieblingsclub Crystal Palace im FA-Cup ein Heimspiel erwischt hatte, wurde kurzfristig umdisponiert und Stephen besorgte auch für Pia und mich Karten. Den Selhurst Park hatte ich zwar schon vor langer Zeit gemacht (mit einem öden U18-Spiel England - Island vor Minikulisse), aber ich hatte gehört, daß einem dort die derzeit beste Stimmung in England geboten würde. Also hin da!
Als wir am Samstagmorgen von unserer Absteige in Eastham in die Innenstadt tubten, hatte ich nicht gerade allerbeste Laune. In Stansted hatten wir Ärger gehabt, weil der Shuttle-Betreiber Terravision - bei dem ich Wochen zuvor gebucht hatte - offenbar Pleite gegangen war. Und die Nacht in einem überheiz- ten Zimmer hatte mich sämtlicher Nasenschleimhäute beraubt und mir eine ausgeprägte Heizungsluft-Phobie beschert.
Mit einem Mega-Frühstück bei Garfunkel´s stärken Pia und ich uns für die anstehende, mehrstündige Shopping-Tour durch Läden wie Hollister, Victoria´s Secret & Co.! Schwer zu sagen, welcher von beiden Läden die süßeren Verkäuferinnen hat.
Am frühen Nachmittag konnte sich Pia glücklicherweise problemlos von ihren Boutiquen trennen und wir machten uns auf den Weg in den Londoner Süden. Am Bahnhof Thornton Heath stiegen wir aus und folgten den Menschenmassen bis zum Ground von Crystal Palace. Vor dem Sainsbury´s trafen wir auf Stephen und seine Kumpels und latschten auf die andere Seite des Selhurst Parks, um im unteren Bereich von Block Z Platz zu nehmen.
Das war insofern geil, weil man von dort die beste Sicht auf Englands angeblich einzige Ultra-Formation, die Holmesdale Fanatics, hatte und im Epizentrum eines gigantischen Supports saß (bzw. zumeist stand). Schon der Beginn, als das ganze Stadion "Glad all over", ein Oldie von den "Dave Clark Five", sang, sorgte für Gänsehaut pur. Ich bin zu selten in England, um verbindliche Aussagen oder gar Vergleiche über die Stimmung in den Stadien der Premier League treffen zu können. Aber bei Palace ging wirklich die Post ab - auf den Rängen! Auf dem Rasen an diesem Tag weniger. Palace gewann das Gebolze gegen Stoke aus meiner Sicht eher etwas glücklich. Doch reine Nebensache. Sogar meine fußballdesinteressierte Tochter riss es immer wieder vom Sitz hoch. Noch Tage später dröhnte mir der Schädel von den Gesängen im Ground. Interessant auch zu sehen, daß die Ultras (diesmal) ganz ohne Banner, Choreos und sonstigen Kram auskamen, sondern sich nur auf ihre Stimmbänder konzentrierten. Die einzige Fahne wurde zuschauerfreundlich nur flach gewedelt. Ein Stadionerlebnis as its best!
Zurück in Inner London, ging´s für uns zunächst zum Bahnhof King´s Cross, wo Pia den Harry-Potter-Fan-Shop am Gleis 9 3/4 plünderte. Danach hatte ich für uns zwei Plätze im Inamo gebucht, das wohl verrückteste Restaurant in London: Auswahl und Bestellung per Mausklick, Speisen und Getränke werden per Projektor zur Entscheidungsfindung auf dem (noch leeren) Teller angezeigt. Tischdeko wechselt auf Wunsch oder zufällig, man kann sich die Zeit mit Games vertreiben oder live in die (asiatische) Küche gucken. Nachschub oder Ruf nach der Rechnung wieder per Mausklick. Und das Beste: Superlecker! Zudem: Stäbchenpremiere!
Am nächsten Morgen konnte ich Pia trotz strömenden Regens motivieren, den Upton Park unweit unserer Absteige anzusteuern. Vermutlich mein letzter Besuch am Boleyn Ground, wo man vor fast genau 25 Jahren seinen ersten Ground in England gemacht hat: 19.1.91 West Ham Utd - Leicester City 1:0. Damals noch ohne die dämlichen Türmchen und mit einem schönem rostigen Old School-Club-Zaun.
Den restllichen Tag bis zu unserem Rückflug verbrachten wir im, am und um den Camden Market. Wer mal dort ist, sollte den Laden "Cyberdog" nicht ver- passen. Ne coole Eisdiele ist das "Chin Chin Labs": Vor den Augen der Kunden wird Stickstoff verwendet, um Eis herzustellen. Sieht zeitweise aus wie in einer Zauberküche! Aber es ist das Resultat, das zählt: Na ...geht so. Vielleicht hätten wir besser statt PONDI-CHERRY VANILLA einen anderen Geschmack ausgewählt.
Mal sehen, vielleicht wird ein jährliches London-Wochenende zu einer Tradition.